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SEX ANTISEX UND DER ISMUS


Wie genau es angefangen hat, weiß ich nicht mehr. Ich glaube, ein Teil des Frauenteams sah den im Selbstverständnis des Roten Sterns als Grundsatz formulierten Antisexismus nicht gewahrt bzw. hatte Gründe anzunehmen, dass das Gegenteil der Fall sei, dass nämlich Sexismus im genannten Verein an der Tagesordnung sei. Das führte vor der Sommerpause zu einer heftigen Debatte, die inzwischen schon fast wieder eingeschlafen ist, weil das aggressive Diskussionsverhalten einiger und das demonstrative Desinteresse anderer SpielerInnen uns das Thema bald zum Hals raushängen ließen. Fakt ist: Ein großer Teil des Frauenteams wirft den beiden Männermannschaften sexistisches Verhalten und/oder Toleranz eines solchen von seiten der Fans vor. Es wurde ein offizieller Termin zur Debattierung dieser Problematik vereinbart und dieser Text ist eine Dokumentation der Fragen, Standpunkte und Vorgehensvorschläge die an diesem Tag geäußert wurden. Grundlage dafür ist das Protokoll des Treffens.

Ausgangspunkt der Debatte war seltsamerweise nicht die Frage: Wie äußert sich Sexismus im RSL?, sondern: Wie wird im Roten Stern mit dem Sexismus v o r w u r f umgegangen? Das Frauenteam äußerte dazu den gemeinsamen Standpunkt: Es existiert Sexismus im Roten Stern! Mit Kritik an diesem Umstand wird Scheiße umgegangen! Beispiele dafür sind Äußerungen der Fans und der Band „Terrorgruppe“ beim Vereinsfest sowie die beiden Fragen: Warum hatten die Frauen Angst beim Freundschaftsspiel in Roßwein vor Publikum zu spielen? Warum wurden die Trikots für das F-Team nicht bezahlt? Und damit kam die Diskussion in Gang. Zunächst wurden zwei Punkte getrennt nämlich Sexismus IM Verein und Umgang mit Sexismus nach AUSSEN. Dabei gab es dann zwei Meinungen. Die einen wollten ein antisexistisches Grundverständnis schaffen, die anderen Sexismus anhand von konkreten Beispielen diskutieren. Das erste Beispiel waren die Sprüche der Band „Terrorgruppe“ (Wir sind nur wegen den Spielerfrauen hier! etc.) Nichtmal sosehr diese Phrasen selbst sondern die Tatsache, dass keine Reaktion erfolgte, wurde als erschreckend konstatiert. Dabei sehen die Frauen bei solchen Vorfällen keine Möglichkeit einzugreifen, da das Problem nicht ernst genommen wird.

Es herrschte eine unterschiedliche Meinung darüber, ob Sexismus auch von Frauen oder nur von Männern ausgehen kann. Sicher ist, dass das Täter (Mann)- Opfer (Frau)-Denken falsch ist. In der Gesellschaft übt der Mann eine Herrschaftsbeziehung über die Frau aus, Frauen reproduzieren jedoch diese Strukturen durch (freiwillige?) Rollenübernahme. Daraus entstand die Forderung Sexismus als Selbstreflektion zu diskutieren. Also nachzudenken und darüber zu sprechen, welche Rolle man selbst in dieser Thematik spielt. Was zum Umgang mit Frauen beim Donnerstagsplenum kritisiert wurde ist, dass einerseits Bemerkungen von Frauen einfach übergangen werden, sie aber andererseits nach ihrer Kritik am Sexismus beim Mittwochs- plenum vor der Abfahrt zur Antira-WM verbal niedergemetzelt wurden.

Wichtig ist die Frage, warum Frauen so selten und so wenig zum Plenum kommen. Was ihnen nicht gefällt, ist die cliquenhafte Atmosphäre, dass „eh nur Männer da sind“ .Sie haben den Eindruck, dass mit ihrer Kritik nicht angemessen umgegangen wird und fühlen sich in der prolligen Atmosphäre nach dem Plenum nicht wohl. Des weiteren wurde der Wunsch geäußert, den Leistungsbegriff, deutlich geworden an der Teamaufstellung in Italien, zu diskutieren. Fest steht, dass wir in einer männlich dominierten Leistungsgesellschaft leben. Diese Gesellschaft wird nun leider im Team reproduziert, d.h. Männer wollen lieber gewinnen, anstatt Zeichen zu setzen und Frauen mitspielen zu lassen. (Dabei wurde aber die Möglichkeit außer acht gelassen eine Einteilung in gute FussballerInnen und nicht so gute vorzunehmen, was zwei, zwar ungleich, aber doch gemischte Teams zur Folge gehabt hätte. A.d.V.) Da nur wenige Männer etwas sagten, sollte es eine Runde geben mit der Frage: „Wie nehme ich Sexismus wahr? “ Irgendwie ist das dann aber doch nicht passiert. Die Diskussion hatte Nerven, Aufmerksamkeit und Konzentration geschwächt und vielleicht wollte sich ja der/die eine oder andere partout nicht äußern oder konnte ihre/seine Meinung nicht in Worte fassen. Viele wissen, es gibt Sexismus in der Gesellschaft, haben aber keine konkreten Anknüpfungspunkte, wie das beim Roten Stern der Fall ist. Innerhalb des Männerteams wird ein schon bestehender Fortschritt darin gesehen, dass das Thema bei der Mitgliederversammlung angesprochen wurde und das Antisexismus im Selbstverständnis des RSL als Anspruch enthalten ist.

Unsere Fans leben ihren Sexismus aus, wie kann man das ändern? Ist das Prasses Erben, wo immer nur von den Siegen und Niederlagen der Männer die Rede ist, eine Bestätigung für sie? Wenigstens haben die Männer jetzt Problembewusstsein über das sie jetzt in Zukunft reflektieren müssen. Die Geduld der Frauen ist zu Ende, wie lange müssen sie noch auf den entscheidenden Schritt warten? Vorschläge zur sofortigen Umsetzung sind eine Auseinandersetzung mit dem Thema im Heft „Prasses Erben“ zu führen, das Leistungsprinzip zu überdenken, Plenastrukturen zu ändern. Aber auch Flyer für die Fans zu drucken, dass sexistische Sprechchöre nicht geduldet werden, die Bemerkungen der Frauen ernst zu nehmen, wenn sie einen Sexismusvorwurf anbringen und direkt auf frauenfeindliche Sprüche zu reagieren. Mit Durchsagen oder Spielabbruch. Dieser Hilfe sind sich die Frauen aber nicht so sicher, weil nur wenige Männer anwesend waren und die auch nicht viel geredet haben. Auf dem Donnerstagsplenum wurde festgelegt, dass Beschlüsse der Anti-S-Debatte für den gesamten Verein gelten. Der erste Schritt wurde darin gesehen, ein Selbstverständnis zu formulieren, auf das sich Einzelpersonen berufen können, der zweite darin Sanktionen für Verstöße zu überlegen.

Was ist die Rolle des Frauenteams? Ist das Frauenteam nur schmückendes Beiwerk? Immerhin hat der Rote Stern Frauen die Basis gegeben Fußball zu spielen, auch wenn die Beteiligung von Frauen am Spielbetrieb noch umstritten ist, da viele Frauen sich noch nicht bereit fühlen vor ZuschauerInnen zu spielen, doch die Möglichkeit in gemischten Teams zu spielen, gerne nutzen wollen, denn das kann nur förderlich für alle sein. Doch leider wird diese Möglichkeit nur durch Plenumshierarchien für die Frauen eingeräumt und durchgesetzt, denn für viele Männer steht die Leistung im Vordergrund. Daran sieht man, dass man in einer patriarchalen Gesellschaft, wie dieser, keine Trennung zwischen Leistung und Sexismus vornehmen kann. Deshalb sollte es Ziel des RSL sein diese gesellschaftlichen Strukturen durch Vorleben aufzubrechen und nicht nur unter gewissen Bedingungen gewinnen zu wollen.

Warum haben wir ein Frauenteam und warum wollen wir das? Da es bis jetzt keine inhaltliche Auseinandersetzung mit diesem Thema gab, wurde der RSL von einigen Frauen als linkes Projekt, und als solches bezeichnet sich der RSL, in Frage gestellt, denn links heißt auch immer antisexistisch. Dies führte auch dazu, daß einige Frauen keine Lust haben, ohne eine Diskussion zu diesem Thema weiter beim RSL zu spielen. Deshalb soll ein Umfeld geschaffen werden, in dem Frauen gerne Fußball spielen. Die Teilnahme von Frauen soll bewusst gefördert werden, dadurch, dass z.B. im Prasses Erben, wo bis jetzt nur der Männerfußball gehypt wurde, die Perspektive geändert wird. Im Plenum muß mitgedacht werden, dass auch Frauen beim Roten Stern spielen, das heißt: eine Förderung der gemischten Teams ist erwünscht. Alle Fußballteams sollen gleichzeitig betrachtet werden, wenn es um Spiele, Trikots etc. geht. Allgemeines Ziel ist die Politisierung des RSL, wozu Aktionen bei Spielen die beste Möglichkeit bieten. Das zweite Antisexismusplenum am 26. 08. 00 war kaum besucht und wurde daher abgeblasen.

Nunja, soweit sind wir. Der Weg besteht nun darin die bestehenden Forderungen zu verwirklichen, Möglichkeiten zu finden, WIE wir das tun. Auch wollen wir zum Thema Sexismus Informationen sammeln. Dazu wird es einen Reader geben. Dann soll weiter diskutiert werden. Ich wünsche mir, dass dann auch Sterne, die bisher stumm geblieben sind, anfangen ihre Vorstellungen zu ordnen, sich aufraffen sich zu äußern, und ich wünsche mir, dass ihre Meinungen in einer ruhigen, sachlichen und respektvollen Atmosphäre angehört (!) und diskutiert werden. Nur so können wir Vorurteile und Mißverständnisse aus dem Weg räumen.

Fight the war! Fuck sexism!

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