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Roter Stern Leipzig im dritten Jahr vor dem Aus?

 Der Siegeszug des Roten Stern Leipzig, getragen auf den Schultern der 1. Männermannschaft, die letzte Saison als Staffelsieger die nächst höhere Spielklasse erreichte und nun in der 1. Kreisklasse auf sich aufmerksam macht, scheint vorerst, und nicht aufgrund sportlichen Unvermögens, gestoppt. Wie aus gut unterrichteten Kreisen zu vernehmen ist, droht dem Verein, der seine Heimstätte im Sportpark Dölitz hat und hier seine Spiele austrägt mit permanent stimmgewaltiger Unterstützung hunderter Fans aus dem nahen Connewitz, die Insolvenz. Big T., wie der Finanzchef der Sterne liebevoll, in solchen Kreisen der ungenannten Namen üblich, genannt wird, wollte sich nicht weittragend äußern. Nur die aufkommende Panikmache möchte er unterbinden. Solange keine eindeutigen Fakten auf seinem Tisch lägen und nur mundpropagandierte Gerüchte im Umlauf sind, bestehe kein Bedarf an die Öffentlichkeit zu treten und "rumzuningeln". Dennoch scheint klar, dass ein solches Verfahren wesentlich mehr bedeuten würde, als das Verschwinden eines "normalen" Sportvereins, wie immer wieder geschehen in anderen Ligen unter dem Banner des DFB.

 Hier im Süden, dem sogenannten Herzen der selbsterklärten autonomen Szene, nicht nur von Leipzig, sondern des gesamten Ostens, ist jeder stolz auf das was in Form des Roten Sterns und aufgrund dessen Aktivität erreicht wurde. Eine neue Anlaufstätte für ablenkungssüchtige Jugendliche des linken Spektrums, vom Punk, über den Skin zum "Hippie", wurde hier geschaffen. Im nunmehr dritten Jahre des Bestehens ist der Sport, das Fußballspielen, das oberste Motto und konnte erfolgreich gegen Proklamationen von Gewalt, Terror und Linksextremismus antreten und diese dabei unterdrücken oder gar, so paradox dies eventuell klingen mag, friedliebend vereinen. Die Spieler und Fans, welche sonst wohl Schaufenster einschmeißen, Barrikaden anzünden und Polizisten gleich Nazis verprügeln würden, haben hier ein weites Feld zum Austoben gefunden. Gegen in der Presse verbreitete Geschichten, die den Roten Stern als Rekrutierungsverein für Jugendliche in die linksextremistische Szene darstellen und verstehend machen wollen, verwehrt sich die Vorstandsetage um die Präsidentin. "Alles Quatsch!", heißt es dort, darauf angesprochen.

 Doch der Verein will entgegen den Gerüchten weitermachen. Viel haben sich die jungen Visionäre vorgenommen.

 Die erste Mannschaft will ihre Aufstiegsserie fortsetzen und setzt fast selbstverständlich das Erreichen der Stadtliga an die Spitze der Saisonziele. Die ersten Hürden wurden genommen, wenn auch nicht ganz so furios, bezogen auf die zumeist torreichen Spiele, unberührt von des Gegners Verzweiflung, der vergangenen Spielserien. "Halbwegs schön spielen, wenn nötig auch einmal Zaubern", sind die anderen. Der neue Trainer wird schon die richtigen Worte finden. "Der wird's schon richten!", stimmt auch "Starstürmer" Struchyk zu.

 Das zweite Team, welches in den letzten beiden Jahren jedes Mal den Aufstieg verpasste, aus ganz unterschiedlichen Gründen, größtenteils, wie offenherzig zugegeben wird, wegen schlechtem, nicht ausreichendem Spielvermögens und einer dicken Stange Pech, will nun endlich den Sprung in die 2. Kreisklasse schaffen. Die ersten Klippen auf diesem Weg nach oben wurden schon genommen und die maximale Punktzahl eingefahren. Ebenfalls wurde im ersten Pokalspiel der laufenden Spielzeit, ein zwei Klassen höher spielender Gegner bezwungen. Ein verheißungsvolles Omen, des Pokals eigene Gesetzte hin oder her!

 Weiterhin war es ab dieser Saison aufgrund zu erfüllender Vorgaben nötig ein Jugendteam zu formieren. Von dieser Möglichkeit träumten die "Macher" beim Stern sowieso schon länger und sahen sich jetzt pflichtgemäß dazu veranlasst ein solches zu gründen. Dieses Vorhaben wurde auch relativ zügig umgesetzt. Dank auch der doch recht zahlreichen Interessenten. Das Trainerteam um Fußballkopf SaRo rechnet zwar noch nicht mit großen Sprüngen, aber dennoch konnte ein Freundschaftsspiel gewonnen werden und immerhin zwei der bisher absolvierten Begegnungen im Ligabetrieb. "Der Spaß, der Frust, die Aufopferung für die Sache, für und mit den Jungs steht hier an erster Stelle!", meint Co-Trainer MaSi, "Und schließlich gibt es noch viel zu tun und das reizt einen daran.". Dazu, ob hier auch eine neue politische Agitationsebene unter den B-Jugendlichen gewonnen wurde und jetzt der ideellen Wertevermittlung des Roten Sterns und der linken Szene offen zur Verfügung steht, wollte sich keiner der Verantwortlichen mit der Begründung, dass solch artikulierte Fragen nur der antiautonomen Meinungsmache dienlich sind, äußern.

 Neben "Männer"- Fußball unterhält der RSL auch ein Frauenfußballteam, das schon den ersten Pokal bei einem Turnier im Umland gewinnen konnte. Weiterhin gibt es ein Volleyballteam, welches in diesem Jahr, nach dreijähriger Vorbereitung endlich den Spielbetrieb aufnehmen will, und abschließend, ein Schachteam, welches ab dieser Saison ebenso in einer Liga zu finden sein wird. Unterlagen über die Installation einer Turngruppe liegen schon unterschriftsbereit in der Schublade. "Im Augenblick noch Zukunftsmusik, auch wenn gerade nicht klar ist, wo diese Musik zu hören sein wird!", fügt Beisitzer und Torwartlegende van Hummel an.

 Auch weiterhin sehen sich die Menschen in und beim Roten Stern verpflichtet, diesseits der sportlich zu bewältigenden Aufgaben, das Wesen des Vereins, entgegen dem stupiden, "normalen" Sportverein, aufrecht, ja, am Leben zu halten. Dieses Begehren, welches durchaus auf politischer Ebene verwurzelt ist, darf hierbei nicht zur Nebenaufgabe mutieren. Es gilt hier eine Menge Verantwortung zu tragen, die nicht im Meer aus Reden, im Sumpf von Partys und am Grunde des Bierglases verloren gegeben werden kann, so der Vorsitzende des Fanprojektes "RSSC". Dennoch ist das Feiern ein wichtiger Bestandteil des kulturellen Lebens rund um den Roten Stern. Neben den nun schon legendären, sogenannten Mittwochsveranstaltungen des RSL im Conne Island, dem Eiskeller, wo auch die Gala zum 10jährigem der Vereinsgazette "Prasses Erben" stattfinden wird und im Oktober eine Liveschlagerparty, sind auch die Releasepatys zur kürzlich erschienenen CD, einem RSL-Sampler nach dem Motto: "More than soccer", zu erwähnen. "Hier bekommt jeder zu hören was er will.", so ei n Mitglied der Produktionscrew. Denn die Scheibe versteht sich neben der Verbindung zum Fußball, auch als eine Art Spiegel, eine Übersicht über die derzeit "hörbaren" Leipziger Bands. Ein durchaus ernstzunehmendes und anspruchsvolles Projekt.

 Und Anspruch, egal in welcher Hinsicht, wollen sich die Leute bei und im Roten Stern Leipzig 99 e.V. auch für die Zukunft bewahren. Es bleibt abzuwarten wohin dieser Weg führt. Die Ambitionen sind auf alle Fälle edel und weitreichend. Es wäre mehr als Schade, wenn einem solchen Unternehmen, in seiner Form in Ansätzen das, was von der (Jugend)politik immer gewünscht wird, die Möglichkeit zur Weiterarbeit durch irgendwelche "fadenscheinigen" Gesetzesschranken verwehrt werden würde. An dem hier eingebrachten Engagement so vieler junger Leute könnte sich manch anderes Projekt noch einiges an Motivation für die eigene Arbeit abschauen und die zu gern ertragenen auf bürokratischen Wegen versauernden, teils ewig gestrigen Ansätze durch solcherart frischen Wind aus dem verwitterten Gesicht blasen.

 Auch wenn ich meine Skepsis, aufgrund diverser Aktionen oder politischen Formulierungen seitens der Fans und diskutierender Gruppen beim Roten Stern, nicht verleugnen kann, sage ich, der Rote Stern Leipzig, das was diesen Verein ausmacht, seine Lebendigkeit im Handeln, trotz umgebender deutscher Vereinsmeierei, muß bestehen bleiben und muß noch wesentlich mehr Unterstützung erfahren! Forza RSL!

Jürgen Cro(Y)i

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