Heldenstadt Leipzig
Am 3. November war es mal wieder soweit, knapp eintausend
Nazis suchten in unserer Heldenstadt das Rampenlicht, was sie hier fast
schon traditionell auch finden sollten. Ihnen entgegen mobilisierten diesmal
lediglich diverse Bürgerinitiativen und PDS Umfeld, Leipzigs
linke Szene hielt sich diesmal vornehm zurück. Nun kann ich den Ansatzpunkt,
linksradikale Politik auf eine Ebene zu führen, auf der die Zivilgesellschaft
in ihrem Rassismus, ihrem Militarismus, ihrem dekadenten Sicherheitsfanatismus
und wasweißichnoch kritisiert und angegriffen wird, durchaus gut
verstehen. Natürlich ließe sich rein gar nichts verändern,
richte mensch sein Hauptaugenmerk lediglich auf die Boneheads, Scheitelabarten
etc., die sich zu gerne als die radikale Speerspitze der stetig nach rechts
driftenden Zivilgesellschaft auf der Straße zum Affen machen. Genau
deshalb braucht es auch wirklich keinen zentralen Aufruf zu sowas wie
ner Gegendemo seitens z.B. des BgR. Es muß aber auch ohne
dergleichen möglich sein, sich als hiesige linke Szene
an einem solchen Tag zu finden und, in welcher Form auch immer, möglichst
effektiv gegen die Nazis vorzugehen, was seine Notwendigkeit natürlich
nicht verloren hat. Dies ist aber am 3. 11. kaum (bis gar nicht) passiert.
Als ich kurz nach 14 Uhr in der Stadt an kam, hatten sich
auf und um den Georgi-Ring vielleicht knapp 2000 Leute versammelt, um
den Faschos den Weg zu versperren. Diese warteten neben dem Osteingang
des Bahnhofes auf ihren Abmarsch, der sie über Georgi-Ring, Augustusplatz
und Prager Str. zum Völkerschlachtdenkmal führen sollte. Gegen
15 Uhr räumten die Bullen gewaltsam den Ring und die Birnen schleppten
sich zum Augustusplatz. Diesen blockierten allerdings schon seit Stunden
ca. 1000 Bürger, angeführt von ihrem OBM Tiefensee. Dieser scheint
sich nach seinen zahlreichen Zivilcourage einfordernden Appellen in jüngster
Vergangenheit gezwungen gesehen zu haben, sich selber in die Reihen der
Protestierenden einzuordnen, um sich nicht gänzlich der Lächerlichkeit
preis zu geben und sich unglaubwürdig zu machen. Alles schön
medienwirksam, versteht sich.
So kam es wie es kommen mußte. Die Bullen forderten
die Leute mehrmals auf, die Kreuzung zu räumen, doch nicht alle folgten
ihrem OBM, der an dieser Stelle sein Tagwerk als beendet betrachtete und
die Bürger aufforderte, den Anweisungen der Bullen Folge zu leisten.
Die verbleibenen Bürger lernten ihre Polizei nun mal ganz neu kennen.
Die Bullen ließen ganz demokratisch die Knüppel tanzen und
verkniffen sich noch nichtmal den Einsatz von Pfefferspray. Auf den harten
Asphalt ihrer Heldenstadt niedergeschlagen, nur weil sie es an diesem
Tage einmal nicht bei solch radikalcouragierten Akten, wie dem aus-dem-Fenster-hissen
irgentwelcher bunter Lappen oder dem auch gern praktizierten alles-böse-wegbeten,
beließen, mögen bei manch Bürgerlein vielleicht ganz neue
Erkenntnisse aufblühen.
Auf dem Augustusplatz hielten die Faschos dann diverse Reden
und konnten sich, wie ich finde, erschreckend heftig in Szene setzen.
Mit dem Bulleneinsatz auf dem A-Platz schien für diesen Tag jeglicher
Widerstand ad acta gelegt, viele schienen es sich zu diesem Zeitpunkt
schon längst bei Sportschau und Abendbrot zu Hause gemütlich
gemacht zu haben. Ein wie auch immer gearteter heißer Abgang
konnte den Faschos jedenfalls kein bisschen bereitet werden. Am Ende waren
es auf Seite der Oper vielleicht noch 400 Leute, auf Postseite keine dreißig,
die diesen Abschaum zum Bahnhof zurück begleiteten. So gutgelaunt
und selbstbewußt hab ich Faschos bisher noch nicht aus Leipzig abfahren
sehen, kein Wunder, daß sie ihr Wiederkommen für nächsten
April schon angekündigt haben. Wir sollten uns überlegen, wie
dann mehr für uns drin ist.
Uli Hoeneß
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