Abenteuer Bundesliga
Nichts neues auf dem Hamburger Kiez, wer auch immer Gast
des FC St. Pauli ist, wird von diesem reichhaltig beschenkt und nimmt
am Ende stets alle drei Punkte mit nach Hause. Na klar, dem Verein mangelt
es einfach am Notwendigen um in der Eliteklasse des deutschen Fußballs
zu überleben, der mit Abstand geringste Etat im bla bla bla ... Natürlich
konnte man nicht erwarten, daß eine durchschnittliche Zweitligamannschaft,
die die Aufstiegssaison über am eigenen Limit spielte, nun auch das
Oberhaus aufmischt. Aber wie sich das Team in den vergangenen Wochen und
Monaten präsentierte, das war bisweilen schon fast lächerlich.
Die Hinrunde hat leider deutlich gezeigt, daß Abgänge wie Klasnic
oder Wehlage nicht ersetzt werden konnten. Allerdings konnte beim besten
Willen auch keiner erahnen, daß bspw. ein als hoch talentiert geltener
Ugur Inceman dermaßen floppt oder daß ein Marcel Rath dermaßen
deutlich seine ErstligaUNtauglichkeit unter Beweis gestellt bekommt. Vom
wohl schlechtesten südamerikanischen Sturmduo Europas ganz zu schweigen
... Okay, ich übertreibe. Vielleicht.
Dabei gab es doch diesen Moment, an dem alles besser zu
werden schien. Nachdem St. Pauli in der ersten Hälfte der absolvierten
Hinrunde Punkte oft sehr unglücklich abgab, gelang dann Ende Oktober
gegen Cottbus endlich der vermeintliche Befreiungsschlag. Wegen eines
Punkkonzertes am Vorabend in der Köpi führte unser Weg ans Millerntor
diesmal über Berlin. Dies hatte zur Folge, daß wir uns dann
in einem Zug voller rotweißer, dummdreister, teils faschistoider
Abarten aus Cottbus wiederfanden. Ein Teilergebnis dieser Begegnung bestand
darin, daß ein Roter Stern auf die Fresse bekam¸ was für
den Angreifer selbstverständlich ungeahndet blieb, da sich nach urdeutscher
Art im vollen Zug kein Zeuge finden wollte, der dem von der Schaffnerin
angeforderten BGS das Geschehene bestätigen wollte. Zivilcourage
was für ein Wort ... Das es aber anscheinend auch beim letzten
noch so beschissenen Kackverein immer wieder korrekte Leute gibt, bewiesen
mir später auf St. Pauli dann doch noch zwei Cottbusser, die sich
abgeseilt hatten und anscheinend auf einen Großteil der eigenen
Leute keinen Bock hatten.
Das Spiel hatte wenige Tage zuvor noch an Brisanz gewonnen, als Ede Geyer
sich zu dem Vergleich von jungen, geldgeilen Spielern und den Nutten
von St. Pauli hinreißen ließ, was von den St. Pauli-Fans
natürlich auf ihre Weise beantwortet wurde. Lieber saufen,
huren und rauchen als sich an die Stasi zu verkaufen und andere
Nettigkeiten konnte der Eduard da auf Transparenten nachlesen. Das Spiel
war dann so recht nach meinem Geschmack: Nach drei Minuten bringt Patschinski
die Braunweißen in Führung und fortan wird Cottbus völlig
an die Wand gespielt, die Stimmung ist riesig, alle glauben plötzlich
wieder an den Nichtabstieg.
Daß dies leider nur ein Strohfeuer war zeigte sich
in den Wochen darauf in Stuttgart aber vor allem beim peinlichen 0-3 gegen
1860 München. Die Fahrt nach Kaiserslautern nahmen wir demzufolge
auch ohne jegliche Erwartungen auf, zumindest was das Sportliche betrifft.
Der Rahmen allerdings ließ keine Wünsche offen, ca. 3000 St.
Pauach so gefürchteten Betzenberg von Anfang an in Grund und Boden.
Die Zeiten in denen der Lauterer Anhang den Betze für jeden Gegner
zur Hölle werden ließ scheinen vorbei. Und ihr wollt
die Hölle sein oder die Hölle steht am Millerntor
waren logische Antworten darauf. Der Verlauf der ersten Halbzeit war dann
fast schon dramatisch: St. Pauli hält anfangs überraschend gut
mit, kann sich sogar die ein oder andere Torchance erarbeiten. Verteidiger
Adamou erleidet einen Schienbeinbruch, Bulat hält einen strittigen
Elfer und dann gehen die Kiezkicker sogar in Führung. Leider kassieren
sie in den letzten Minuten vor der Pause einen Doppelschlag von dem sie
sich nicht mehr erholen sollten. In der zweiten Hälfte lassen einige
ihre Erstligatauglichkeit stark vermissen, allen voran US-Boy Cory Gibbs,
der mit Klose völlig überfordert war. Am Ende setzte es mit
dem 5-1 doch noch die erwartete Klatsche, mir konnte das die gute Laune
trotzdem nicht vermiesen. Auf dem Weg zum Auto sahen wir noch den örtlichen
nationalen Widerstand, der sich gerade zum Gästeblock trollte und
wohl auch noch etwas rumgestreßt haben soll.
Eine Woche später gab ich mir dann erneut die Ehre
am Millerntor, voller Zuversicht gegen den Vorletzten aus Köln endlich
mal wieder einen Sieg zu sehen, verbunden mit dem Anschluß an das
rettende Ufer usw. Daraus wurde leider nix, das war eher eines der bittersten
Heimspiele, das ich von St. Pauli gesehen habe. Das Spiel lief genau nach
dem gleichen Schema ab, wie schon so viele Heimspiele dieser Saison davor.
St. Pauli beginnt feldüberlegen, erarbeitet sich einige halbe Torchancen,
frißt noch vor der Pause ein oder zwei dumme Dinger, bricht zusammen
und wird vom Gegner letztlich im Schongang abgefertigt. Von Stimmung auf
den Rängen kann bezüglich dieses Spieles auch keine Rede sein,
niemals wurde die Mannschaft wirklich nach vorne gepeitscht. Die vielbeschworene
Hölle, vom braunweißen Anhang eine Woche vorher noch vom Betzenberg
ans Millerntor verlegt erlebten die Kölner hier mit Sicherheit
nicht. Wenigstens sollte diebezüglich das Derby die Woche darauf
wieder entschädigen.
Das Heimspiel gegen Werder Bremen erinnerte dann wieder
fatal an das gegen Köln, mit dem Unterschied, daß St. Pauli
noch hilfloser wirkte und noch weniger, eigentlich gar keine, Stimmung
herrschte. Dabei war diese extrem freche Elfmeter Entscheidung
vom Unparteiischen, die den Rückstand bedeutete, doch
geradezu eine Einladung, die Mannschaft jetzt erst recht gnadenlos
zu supporten. Aber lassen wir das. Herzlichen Dank auch an dieser Stelle
an den Sportfreund Marcao, dafür daß er sogar zu blöd
dafür ist, einen Fußball einfach nur aus dem Strafraum rauszudreschen,
wohin auch immer. li-Fans (über-)füllten den Gästeblock
und sangen den Die Hoffnung auf den Nichtabstieg habe ich noch immer nicht
ganz aufgegeben, seit Wochen spielt die Konkurenz ja irgendwie immer für
St. Pauli, will einfach nicht richtig wegziehen. Wenn es am Ende nicht
reicht, zieht mir das auch nicht die Schuhe aus. Aber laßt uns bis
dahin erstmal noch die Rückrunde rocken!
P.S. Den Fanladen in Hamburg findet ihr ab Januar nicht mehr in der Thadenstraße
sondern in der Brigittenstr. direkt auf St. Pauli.
Manager
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