Schach: Von Höhen und Tiefen
Wir hatten uns am Anfang viel vorgenommen. Der Aufstieg
aus der Stadtklasse in die Kreisunionsliga war erklärtes Ziel, Optimismus
füllte die Räume des Antiquariats Tagedieb und die Springer
scharrten nervös mit den Hufen. Wie sieht es nun aus, jetzt da noch
vier von zehn Wettkämpfen vor uns liegen?
In der ersten Runde lief alles wie erwartet. Die vierte
Mannschaft von Turm Leipzig hatte uns nicht wirklich etwas
entgegenzusetzen und wir gewannen 6,5:1,5. Unsere Mannschaft, die eine
solche erst noch werden wollte, hatte ihren ersten Sieg davongetragen.
In heimischer Atmosphäre, im Hinterzimmer von Frau Krause,
erwarteten wir zur zweiten Runde Lok Mitte IV. Diesmal lief es nicht ganz
so nach unseren Geschmack. Obwohl wir gut gestartet sind, reichte es am
Ende nur zu einem 4:4 Unentschieden. Zwar spielt auch im Schach die Tagesform
eine große Rolle, aber ein Sieg hätte eigentlich drin sein
sollen. Zumal sich inzwischen gezeigt hat, das unsere Staffel für
die Stadtklasse relativ stark besetzt ist und Lok Mitte sicher nicht zu
unseren schärfsten Widersachern gehört. Bei Gohlis XI (ja, Gohlis
hat wirklich 11 Mannschaften!) lief wieder alles wie am Schnürchen
und wir siegten 6,5:1,5. Das Remis gegen Lok schien nur ein Ausrutscher
zu sein. Dann kam ein schwarzer Tag. Der 25.11.
Eigentlich wollten wir nach dem Match Tristans Geburtstag
feiern. Doch es kam anders. Wir empfingen zu Hause VfB III und gingen
mit 3:0 in Führung. Aus den fünf noch laufenden Partien, so
müßte man meinen, sollten doch noch anderthalb oder wenigstens
ein Pünktchen zu holen sein, Tagesform hin oder her. Es sprang allerdings
nur noch ein halber Punkt heraus und wir verloren, wenn auch knapp, 3,5:4,5.
Das war bitter. Die ersten Spieler fingen an sich zu fragen, ob wir uns
nicht etwas überschätzt haben. Zumal unserer Konkurrenten gut
dastanden. Es steigen nur zwei Mannschaften auf und wir dümpelten
gerade mal so im Mittelfeld herum. Eine miese Stimmung machte sich breit,
die nur von Gedanken, nicht noch eine Saison in der Stadtklasse spielen
zu wollen, übertroffen wurde. Als nächstes trafen wir auf Fortuna
IV. Der wilden Entschlossenheit, die Scharte auszuwetzen, hatte Fortuna
nichts entgegenzusetzen. Wir bewiesen unsere Klasse und fegten sie 8:0
von den Brettern. Sicher hat solch ein Ergebnis auch immer etwas mit Glück
zu tun und Fortuna steht derzeit ohne Punktgewinn am Tabellenende, aber
der klare Sieg kam genau zu richtigen Zeitpunkt. Er schenkte uns nicht
nur neues Selbstvertrauen, sondern hat auch bei den anderen Mannschaften
der Staffel ein Achtungszeichen gesetzt. Doch nach 5 von 10 Runden lautete
unsere Bilanz 3 Siege, 1 Unentschieden, 1 Niederlage, 5. Platz (von 11)
in der Tabelle.
Als nächstes würden wir Markkleeberg III empfangen,
die bis dahin nur einmal unentschieden gespielt hatten und an der Tabellenspitze
standen. Uns war klar, das alle Rechnerei nichts half. Wir hatten bisher,
mit Ausnahme des VfB, nur gegen Mannschaften gespielt die jetzt in der
unteren Tabellenhälfte stehen und unsere Heimbilanz sah wirklich
traurig aus. In gewisser Weise bedeutete das Match gegen Markkleeberg
für uns eine Vorentscheidung. Ein Sieg mußte her. Und er kam.
In heimischer Arena besiegten wir Markkleeberg III mit 5,5:2,5. Obwohl
Markkleeberg nur mit sieben Spieler/innen antrat und wir einen kampflosen
Punkt erhielten, weißt das Ergebnis vier gewonnene Partien auf unserer
Seite aus und zwei auf Seite unseres Gegners. Eine Partie verlief Remis.
Damit dürfte auch dem letzten Zweifler in unserer Mannschaft und
in der Staffel klar sein, daß wir in der Lage sind, jede Mannschaft
der Staffel zu schlagen.
Der Sieg gegen Markkleeberg löste Euphorie bei uns
aus. Sie hat die Anspannung unbedingt ein gutes Ergebnis erreichen zu
müssen verdrängt. Der Staffelleiter titelte in seinem Kommentar
zu den Spielberichten: Roter Stern stürzt Spitzenreiter.
Doch wie weiter? Bei dem derzeitigen Tabellenstand haben noch vier Mannschaften
die Chance aufzusteigen: Taucha, der VfB, Markkleeberg und wir. Alle vier
Mannschaften können es noch aus eigener Kraft schaffen. Sie müssen
nur ihre letzten vier (bzw. drei; in der Staffel sind 11 Mannschaften,
deshalb ist immer eine spielfrei) Wettkämpfe gewinnen. Die Partien
VfB - Markkleeberg und Roter Stern - Taucha stehen noch aus. Für
Spannung ist gesorgt. Das Ziel ist klar und kann für uns nur lauten
die letzten vier Runden zu gewinnen. Das ist nicht einfach, aber wir sind
stark genug.
Inzwischen sind wir tatsächlich zu einer Mannschaft
geworden, einschließlich Stammpublikum. Trotz des Blickes auf den
Turnierbetrieb, ist der Spaß am Schach eher gewachsen. Die Schönheit
einer gelungenen taktische Variante löst immer wieder allgemeine
Freude aus und derjenige dem sie gelungen ist, muß sie mehr als
einmal bei der nachträglichen Analyse der Partien vorführen.
Wir sind guter Hoffnung in der nächsten Saison eine weitere Mannschaft
an den Start schicken zu können. Ein Hintergedanke dabei ist, auch
Spieler/innen, die nicht davon ergriffen sind unbedingt in eine höhere
Spielklasse aufsteigen zu wollen, die Möglichkeit zum Schachspielen
zu geben, ohne sich einem Erfolgsdruck aussetzen zu müssen, wie er
derzeit sicher vorhanden ist.
Michael
Wie Funktioniert eigentlich ein Mannschaftswettkampf im
Schach?
Eine Schachmannschaft besteht in der Regel aus acht Leuten.
Die Spieler/innen einer Mannschaft werden in einer festen Reihenfolge
gemeldet. Beim Wettkampf spielt der/die erste Spieler/in der einen Mannschaft
eine Partie gegen den/die erste Spieler/in der anderen Mannschaft, der/die
Zweite gegen den/die Zweite und so weiter. Die gastgebende Mannschaft
führt am ersten Brett die schwarzen Steine, am zweiten die weißen,
am dritten wieder die schwarzen und so fort, so daß jeweils vier
Spieler/innen einer Mannschaft mit Weiß und vier mit Schwarz spielen.
Pro Partie wird ein Brettpunkt vergeben, den der/die Gewinner/in erhält.
Bei einem Remis erhalten beide Spieler/innen je eine halben Punkt. Insgesamt
werden also 8 Brettpunkte vergeben. Für einen Sieg erhält die
Mannschaft für die Tabelle zwei Punkte für eine Unentschieden,
also 4:4, erhalten beide Mannschaften je einen Punkt. Die Brettpunkte
zählen, ähnlich wie das Torverhältnis beim Fußball,
in der Tabelle als zweite Wertung.
Für eine Partie hat ein/e Spieler/in drei Stunden Bedenkzeit,
wobei die ersten 40 Züge in zwei Stunden gespielt werden müssen.
Eine Partie kann als bis zu sechs Stunden dauern. Erfahrungsgemäß
sind jedoch nach vier Stunden die meisten Partien beendet. Falls ein/e
Spieler/in die Zeit überschreitet, wird die Partie für ihn/sie
als verloren gewertet. Eine Bedenkzeitbeschränkung für einen
einzelnen Zug gibt es nicht. Die Einteilung der Bedenkzeit ist also Sache
des/der Spielers/in.
Im Schach sind Männerwettkämpfe grundsätzlich
offen. Das heißt es gibt für die Spieler/innen keine Teilnahmeeinschränkung
bezüglich Alter, Geschlecht oder Behinderungen. So ist die jüngste
Spielerin die in unserer Staffel eingesetzt wird 8 Jahre alt, die ältesten
Spieler sind älter als 80. Abgesehen von blinden Spieler/innen gelten
für alle die gleichen Regeln. Neben Männerwettkämpfen gibt
es auch Jugendwettkämpfe, Frauenwettkämpfe und so weiter mit
den entsprechenden Teilnahmeeinschränkungen.
Wie andere Sportarten auch, wird Schach von Männern
dominiert. Nur im Kinder- und Jugendbereich sind weibliche Spielerinnen
häufiger zu finden. Das Frauen im Durchschnitt schlechter spielen
als Männer ist allerdings nicht mehr als ein Gerücht, das von
der Erfahrung nicht bestätigt wird. Es gibt nur einfach viel mehr
schachspielende Männer als Frauen.
Während einer laufenden Partie dürfen sich die
Spieler/innen nicht beraten. Dafür sind Essen, Trinken und mal Luftschnappen
nicht verboten. Die heimliche Unterstützung durch ein Schachprogramm
während der Partie gilt als bösartiges Foul und führt zum
Verlust der Partie. Es kommt allerdings selten vor.
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