Torneo Apertura 2002
Einblicke in den peruanischen Fussballalltag
Nach unserem letzten Ausflug in die Abgruende des Fussballzirkus´
Ecuadors, moechte ich mich in diesem Heft der Creme de la Creme des peruanischen
Fussballs widmen.
Startschuss unserer Tour und gleichzeitig auch der diesjaehrigen
Meisterschaft war ein sogenannter Doppelspieltag im Nationalstadion
zu Lima, welcher mit der Begegnung zwischen Allianza Athletic Sullana
und den Medizinstudenten Estudiantes Medicina begann. Irgendwie
enttaeuschte die Kulisse schon etwas, obwohl die fuenfzehn Medicinafans
sich redlich muehten. Der Rest der gut 6.000 zahlenden Zuschauer schien
der Partie wohl eher einen Vorspielcharakter beizumessen, wartete man
doch auf die Lokalmatadore von Sporting Cristal, die im Anschluss auf
den Ueberraschungsmeister des Vorjahres Cienciano aus Cusco treffen sollten.
Match Numero eins endete jedenfalls mit einem Last-Minute-Sieg fuer Sullana,
wobei wir zu diesem Zeitpunkt noch fest davon ueberzeugt gewesen waren,
Allianza Lima (identische Trikots!) siegen gesehen zu haben. Noch vor
Anpfiff des eigentlichen Schlagerspiels des Abends kam es neben dem soeben
eingefahrenen Laenderpunkt zu einer zweiten Premiere in unseren Reihen:
Hatten wir drei Wochen zuvor noch das vorzuegliche Stadionbierchen in
Quito geruehmt, trat diesmal ein Gemischtwarenhaendler mit breitem Ruehrkuchensortiment
auf den Plan. Mein erster Kuchen im Stadion!, wusste Adam
nach einem gutem Jahrzehnt Stadionkultur zu berichten. Nachdem wir auch
noch Doreen beigebracht hatten, dass die fuenf Nuevo Soles (etwa 1,50
Euro) Eintrittsgeld fuer beide Schmeckerchen dieses Abends gezahlt wurden
und wir nicht etwa nach der ersten Partie mit den anderen 5995 Zuschauern
das Stadion verlassen und nochmals Eintritt zahlen muessten, konnten wir
uns voll und ganz Koenig Fussball widmen. Trotz einiger schoener Szenen
ueberzeugte in Halbzeit eins einzig der 1.55 Meter grosse Referee mit
seiner beinahe theatralisch wirkenden Gestik ein wahrer Aesthet.
Doch der Pausentee schien, die schon so oft beschworenen, Wunder bewirkt
zu haben: Jetzt wurde suedamerikanisch geschnickt, der Ball lief und Cristal
erzielte zur Verzueckung der Fans die schnelle Fuehrung per Foulelfer.
Als Spieler Maestri (diesen Namen sollte man sich merken!!) dann seine
zweite Kiste nachlegte, schienen die Messen gesungen oder besser, die
Hauptstaedter hatten den beruehmten Sack zugemacht. Aber so ist eben Fussball:
Alle hatten sich bereits mit der Niederlage des Campeon aus
der Inkahaupstadt abgefunden, als selbiger eiskalt zurueckschlug
Anschlusstreffer 87., Ausgleich 92. Minute. Ein schweinegeiles Spiel...
Leider mussten wir schon zwei Tage spaeter weiter, so dass
uns ein Heimspiel des beliebtesten peruanischen Vereins La U
(Universitario Lima) durch die Lappen ging (immerhin 19.000 Zuschauer),
aber auf unserem Notizzettel stand bereits ein weiteres Schmanckerl: Cienciano
Cusco vs. den FC Bayern Muenchen Perus - Allianza Lima (diesmal
wahrhaftig). Vorab muss ich hier den spektakulaeren Kartenverkauf in der
baufaelligen Arena Estadio Garcilaso erwaehnen, welcher aus
einem etwa zwanzig mal dreissig Zentimeter grossen Schlitz im Mauerwerk
des Stadions erfolgte und einzig durch die Menschenschlange erkenntlich
war. Einfach der Hammer!! Aber zurueck zum Spiel: Allianza hatte seine
ueberraschend seine erste Partie mit 1-2 verloren und stand als Topfavorit
auf den Titel demnach mit dem Ruecken zur Wand, waehrend Cusco wie gewoht
seine Heimstaerke auf 3500 Meter ueber dem Meeresspiegel ausspielen wollte.
Standesgemaess bei stroemendem Regen begann das Spiel vor 11.500 -in farbige
Ponchos gekleidete- Zuschauern (wir hatten uns aufgrund der Tatsache,
dass das Stadion keinerlei Ueberdachung besitzt, selbige ebenfalls zugelegt),
die eher die Atmosphaere einer Luftballonkette bei einem Kindergeburtstag
verbreiteten, als die eines fussballbegeisterten Publikums. Dennoch wurde
gut geprollt und die Begegnung gestaltete sich auf schwierigen Gelaeuf
recht unterhaltsam. Langsam wurde auch klar, warum Cienciano Meister des
Vorjahres war, hat man aufgrund der Hoehe und der regelmaessig stattfindenden
Wasserschlachten einen ziemlich ausgepraegten Heimvorteil. Allianza wirkte
jedoch abgeklaert, spielte ruhigen (Adam wuerde sagen ehrlichen
Fussball) Fussball und erzielte durch einen Dreissig-Meter-Hammer
den ueberraschenden Fuehrungstreffer. Der Heimtorhueter erarbeitete sich
dabei die Bezeichnung Blinder Hund redlich. Die Halbzeit wurde
im Anschluss von einem im Cottbus-Style spielenden Blasorchester versuesst
und die Ponchbande auf den Traversen kam erst so richtig in Schwung. Auf
dem Feld fogte nun endlich auch die hier gewohnte Farbe im Spiel: Nach
einer Mick-Nosen-verdaechtigen Graetsche, bei der man es bis in die letzten
Reihen splattattern hoerte, schickte der gute Schiedsrichter voellig zurecht
den Torschuetzen des (bisher) einzigen Treffers zum Duschen. Logisch,
dass die blau-weissen aus Lima nun auf dem Zahnfleisch krochen und relativ
fix auch den Ausgleich kassierten. Der zwar voellig ungeordnete
und an eine Schuelermannschaft erinnernde- Sturmlauf von Cusco brachte
zehn Minuten vor Ultimo auch den verdienten Sieg, was wiederum ein Allianza-Akteur
zum Anlass nahm, nochmal richtig hinzulangen: tarjeta roja!!
Cusco nimmt somit nach zwei Spieltagen den zweiten Platz
hinter dem absolut symphatischsten Club der Liga Universitario Lima ein.
Allianza kackt ab und das ist auch gut so.. Neue Infos aus dem sonnigen
Sueden gibt es im naechsten Heft, unter anderem Copa Libertadores aus
La Paz (12.03.)....
filipe
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