Abenteuer Bundesliga
Nach der in ihrer Art und Weise mehr als peinlichen Niederlage des FC
St. Pauli in Köln, wurde ein Sieg im Derby gegen den HSV zur unumgänglichen
Pflicht, zur allerletzten Chance sich ernsthafte Hoffnungen auf ein Verbleiben
in Liga Nummero Uno machen zu können. Beim Blick auf die Tabelle
konnte man sich in den letzten Wochen ja nur noch an den Kopf fassen,
mit welcher Konsequenz die vier Schlusslichter die Faustregel nach der
man schon um die 40 Punkte benötigt, um die Klasse zu halten, ad
absurdum führten. Neben St. Pauli gelang es auch noch drei anderen
Dummen sich souverän nach hinten abzusetzen, so daß für
die Kiezkicker mit 22 Pünktchen aus 31 Spielen vor diesem Derby wirklich
noch alles möglich schien. Grund genug also für den Roten Stern
eine Delegation zur Unterstützung ins ferne Hamburg zu entsenden.
Sagenhafte acht Personen ließen sich auch von noch so furchteinflößenden
Begleiterscheinungen wie einer 4 stündigen Autofahrt, unzumutbaren
Eintrittspreisen von 18 Ois oder dem eventuellen Verpassen einer
von Startrainer Knopf geleiteten Trainingseinheit nicht davon abschrecken,
dem ewig jungem Duell Gut gegen Böse, Kult gegen Sud, Amüsiermeile
gegen Müllverbrennungsanlage, roter Laterne gegen goldene Ananas
usw. beizuwohnen.
In Hamburg angekommen entschieden wir uns nicht mit dem
Auto bis zur AOL - Arena zu fahren, sondern lieber auf St. Pauli zu parken
und mit den Sonderbussen und - U-Bahnen zum Stadion zu gelangen. Die Fantrennung
funktionierte im Grunde wie im Hinspiel mit verschiedenen Bahnhöfen
und Haltepunkten für HSVer und St. Paulianer recht gut. Wurde man
in der Hinrunde von den Bussen noch irgentwo in der Botanik in weiterer
Stadionumgebung abgesetzt, gings diesmal fast bis rein in die gute
Stube. Die Verteilung der Karten erfolgte bei diesem Spiel, was für
St. Pauli ja offiziell ein Heimspiel war, im Verhältnis von 50 zu
50, für mich unverständlich da der HSV im Hinspiel 60 % der
Karten verticken konnte. Außerdem wäre es witzig gewesen, wenn
St. Pauli als Gastgeber darauf bestanden hätte, die eigenen Fans
auf den Stehplätzen der HSVer zu plazieren und diese wie sichs gehört
hätte in den Gästebereich zu verbannen, wo es nämlich nur
eine kleine Stehplatzecke gibt. Für diese galten auch unsere Tickets,
nur war der Block bei unserem Eintreffen schon völlig zugestellt.
Glücklicherweise schien es den Ordnern aber völlig Rille zu
sein, wo man sich letztlich hinstellte, jedenfalls kamen wir problemlos
durch auf den Oberrang, wo auch fast alle auf den Sitzschalen stehen blieben.
St. Pauli versuchte einiges, um den eigenen Fans etwas heimische Stimmung
mit in Feindesland zu bringen, Hells Bells zum Einlaufen der
Mannschaften und man hatte sogar die Anzeigentafel vom Millerntor, die
ja die letzte in der BL ist, auf der das Ergebnis noch von Hand eingehangen
wird, auf die Videoleinwand des HSV projiziert. Dennoch war hier natürlich
jeglicher Heimvorteil verschenkt.
Das Spiel begann recht schwungvoll von braunweißer
Seite und nach 10 Minuten gabs doch tatsächlich nen Elfmeter
für St. Pauli, man wollts kaum glauben. Was folgte war nicht
wirklich witzig. Ich verliere meine persönliche Elferwette (Der
trifft!), denn Thomas Meggle, mit Abstand der beste St. Paulianer
der laufenden Saison und bis dato noch fehlerfrei vom Punkt, tut nicht
wie ihm geheißen sondern scheitert kläglich. Der Anfang vom
bitteren Ende. Wenige Minuten später ging der HSV dann durch seinen
Brasilianer Romeo in Führung und baubaute diese praktisch mit dem
Pausenpfiff auf 2-0 aus, womit der Drops natürlich gelutscht war.
Dr. Erfurt setzte sich nun gefrustet zur Bierbude ab und ward erst viel
später auf St. Pauli wieder gesehen. Die Kiezkicker ließen
sich derweil vom HSV noch aufs Bitterste ihre Bundesligauntauglichkeit
vorführen. Sie fraßen noch zwei Dinger, überhaupt war
ein Gegentor dämlicher als das andere und am Ende hätte es auch
noch höher ausfallen können.
Nach dem Spiel ließ uns dann unser Orientierungssinn
im Stich, jedenfalls verpeilten wir es irgentwie mit den Bussen wieder
abzufahren und latschten statt dessen planlos im Menschenpulk mit, anfangs
waren das auch noch hauptsächlich St. Pauli - Fans, später dann
aber fast nur noch HSVer. So standen wir dann plötzlich ungewollt
am S-Bahnhof Stellingen, dem Treffpunkt für die HSV - Sonderbahnen.
Tja, dumm gelaufen. Das der HSV einfach nur scheiße ist bewiesen
uns seine Fans dann sangestechnisch in der Bahn, ansonsten gabs
auf der Fahrt ins Kiezviertel für uns keine weiteren Probleme, vielleicht
auch weil wir denen nicht wirklich als St. Pauli - Symphatisanten aufgefallen
sind. Freitag Abends sind generell auch viele HSVer auf der Reeperbahn
eingerückt, auch sie haben dort Kneipen die sie an Spieltagen dominieren.
Auch ist Hamburg - Reisenden davon abzuraten, die auf St. Pauli gelegene
Kneipe Tankstelle anzusteuern, so viel ich weiß handelt
es sich dabei um eine HSV - Hoolkneipe. Auch in dieser Nacht hat es dann
wohl noch geknallt, als HSV - Primaten St. Paulianer vor Kneipen angriffen.
Davon haben wir selbst allerdings absolut gar nichts mitbekommen.
Am nächsten Tag schauten wir uns dann noch die Amateure
von St. Pauli an, die im heimischen Sportpark an der Sternenschanze Vorwärts
/ Wacker Billstedt mit 2-0 schlugen und damit punktgleich mit den HSV
- Amateuren die Tabelle anführen und weiterhin vom Aufstieg in die
3. Liga träumen dürfen.560 Zuschauer waren dort am Start und
die ganze Atmosphäre dort erinnerte doch gehörig an unsere Heimspiele
in Dölitz, nur das bei uns die rund hundert Rentner fehlen. Beide
Treffer erzielte übrigens Nachwuchtalent Albrecht, der in 29 Spielen
schon satte 31 Buden gemacht hat und in der nächsten Saison im Profikader
stehen wird. Gute Nacht wünsche ich in diesem Zusammenhang den Sportfreunden
Marcao und Cenci. Die Profis haben selbst 2 Spieltage vor Saisonende noch
eine rechnerische Chance auf den Klassenerhalt, woran aber bei bestem
Willen nicht mehr zu glauben ist. Krasse Schiedsrichterfehlentscheidungen
hin, eine dicke Portion Pech her - am Ende muß sich die Mannschaft
an die eigene Nase fassen, muß sich eingestehen, daß in ihr
offensichtlich einfach nicht genügend Qualität für ein
Bestehen in der Eliteliga gesteckt hat.
Manager
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