Südamerika - Teil
Den Vorgeschmack auf die Geschehnisse um den Fußball Südamerikas
haben wir in Heft 12 und 13 bereits geliefert, jetzt soll sowohl die Betrachtung
der Copa Libertadores, als auch der peruanischen Liga Torneo Apertura
fortgesetzt werden. Falls es nicht auf völlige Abneigung der sachverständigen
Leserschaft stoßen sollte, wird dieser Teil des Heftes zur festen
Rubrik, also regelmäßig im Prasses Erben erscheinen.
A pura garra
Nach unserem Ausflug Anfang Februar ins Nationalstadion von Quito (vs.
Penarol, siehe Heft 11), verschlug es uns gegen Ende unseres Urlaubs nochmals
zu einem Spiel der diesjährigen Copa Libertadores: Bolivar aus La
Paz gegen Paranaense (BRA). Während in Europa um den Einzug ins Halbfinale
der Champions-League gespielt wird, befindet sich das Gegenstück,
der südamerikanische Pokal der Landesmeister, noch in der ersten
Gruppenphase (acht Gruppen a vier Teams), wobei dieses Spiel beinahe die
letzte Chance für beide Mannschaften der Gruppe vier sein sollte.
Das Stadion war trotz der frühen Anstoßzeit mitten in der Woche
(16 Uhr) anständig gefüllt, doch erscheint es immer wieder witzig,
wie krass sich die verschiedenen Eintrittspreise auf den Rängen widerspiegeln.
Die Kurven (Popular) sind oftmals brechend voll, während
die Tribüne (Tribuna) und Gegengerade (General)
gähnend leer sind. Noch Fragen
? Pünktlich (auch sehr ungewöhnlich!)
wurde um vier die Paarung angepfiffen und die himmelblauen Gastgeber machten
irgendwie eine komische Figur und ließen anfangs jegliche Klasse
vermissen. Umso überraschender fiel nach 14 Minuten unter dem Jubel
der rund 20.000 Zuschauer die Führung für Bolivar durch ein
Kopfballtor durch Mercado. Aber irgendwie offenbarte schon die Anfangsphase,
dass dies kein normales Spiel werden würde: An dieser Stelle möchte
ich Groundhopper-Ikone Christian Scheiter zitieren, der folgenden schlauen
Satz formulierte: Nach zehn schlechten Partien, die man sich
als Länderpunktsammler reinzieht, folgt irgendwann ein Mega-Hammer
- und unser Hammerspiel des Jahres begann genau jetzt: Binnen 22 Minuten
erzielten die von uns favorisierten Gäste aus Brasilien durch Kleberson,
Ilan (2), Dagoberto (wetten, dass der in den nächsten zwei Jahren
in Europa auftaucht!?!) und Adriano fünf Treffer zur 1-5 Pausenführung,
was in einem Stadion auf einer Höhe von 3700 Metern über dem
Meeresspiegel (in dem auch schon Brasilien 5-0 unterging!) nahezu unglaublich
ist. So kamen dann auch die schwarz-rot gekleideten Ballkünstler
von Paranaense unter Applaus aus der Kabine und die Heimelf, die völlig
desorientiert und pomadig agierte und zusätzlich bei zwei Aluminiumtreffern
Pech hatte, erntete Pfiffe. Wir tippten nun von 10-1 bis 7-3, aber wirklich
keiner hätte einen Pfifferling auf die Heimelf gewettet! Der erste
Höhepunkt nach dem Pausentee war leider auch keine Chance der Heimelf,
sondern die gelb-rote Karte durch Doppeltorschütze Ilan, der um die
zweite gelbe Karte regelrecht bettelte und sie nach einem absichtlichen
Handspiel und ständigen Meckerorgien auch bekam. Dennoch plätscherte
die Partie weiter so dahin - die Gäste zollten der Höhenluft
und der Unterzahl Tribut und Bolivar konnte zu diesem Zeitpunkt einfach
gar nichts!
Irgendwie stocherte Chiorazzo das runde Leder nach einer guten Stunde
dann doch in die Maschen und Bolivar begann langsam aus seiner Lethargie
zu erwachen und ein Spiel zu spielen, welches der Bezeichnung Fußball
nahe kam. Aber erst als nach siebzig Minuten der nächste Akteur der
Brasilianer vom Platz flog und Paranaense absolut auf dem Zahnfleisch
kroch (8er-Abwehrkette), kamen die Hauptstädter aus La Paz zu immer
größeren Gelegenheiten und bis zur 83. Minute auf 4-5 heran.
Und dann folgte die 90. Minute, die der Gästetorhüter Flavio,
der bereits im Verlaufe der Partie seine Unfähigkeit Bälle festzuhalten
präsentierte, wohl nie vergessen wird: Er hat den Ball sicher in
seinen Händen, versucht auf Zeit zu spielen, legt sich den Ball auf
den linken Fuß und übersieht dabei (wie einst der 60er im Münchner
Derby) einen Stürmer in seinem Rücken. Dieser stiebizt das Leder,
wird zu Fall gebracht, Elfer, Tor - 5-5!!
Das Stadion tobte und wir hatten einen Riesenspaß. Nur Schade, dass
wir nun wieder mindestens zehn Spiele auf den nächsten Hammer warten
müssen.
In Gruppe vier sind mittlerweile alle Paarungen der Phase eins abgeschlossen
und beide Teams sind gescheitert. Zwar fehlte Bolivar am Ende nur ein
Punkt, doch setzten sich Olmedo (ECU) und America de Cali (COL) alles
in allem souverän durch. Ebenfalls sicher in der nächsten Runde
sind Sao Caetano, Montevideo Wanderers, Boca Juniors, River Plate und
CF America. In den Gruppen 2, 3, 5 und 8 sind noch keine Entscheidungen
gefallen (bis 3.4.).
Torneo Apertura
Nach sechs Spieltagen der ersten peruanischen Liga haben sich nach anfänglichen
Problemen die Favoriten an die Spitze gesetzt, nur der Meister aus Cusco
schwächelt noch ziemlich.
Universitario hat sich -trotz der Niederlage im Derby gegen Allianza am
vierten Spieltag (0-1 vor 42.500 Zuschauern!)- wieder gefangen und an
die Spitze gesetzt. Ihnen sitzen mit Cristal (2.) und Allianza (4.) zwei
weitere Teams aus der Hauptstadt im Nacken und lediglich Bolognesi (5.)
und die Überraschungsmannschaft Allianza Atletico (3.) können
noch mithalten. Völlig abgeschlagen liegt Meister Cienciano Cusco
auf dem vorletzten Platz und wird wohl seine Saisonziele neu definieren
müssen.
Im nächsten Heft gibt es wieder mehr zur peruanischen Liga - wer
sich nicht gedulden kann, kann sich auch unter www.conmebol.com oder www.futbolperuano.com
informieren.
filipe
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