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Wo die Fußball-Uhren anders ticken (24.3.2004)
Artikel mit Bild in der Leipziger Volkszeitung

Es geht schon etwas anders zu bei Roter Stern Leipzig. Die Zuschauer sind viel jünger als normalerweise auf Sportplätzen. Die Hälfte hat einen Bierbecher in der Hand, einige der jungen Leute haben sich Kapuzen übergezogen, man umarmt sich zur Begrüßung. Viele Frauen sind auch da. Und ein paar Hunde keilen sich hinter dichten Besucherreihen. Nur die Fußballer unterscheiden sich zumindest äußerlich nicht vom Gegner.



Sie wollten am Sonnabend im Spitzenspiel als Tabellenführer gegen Liebertwolkwitz vor der Stadtliga-Rekordkulisse von 400 Zuschauern gewinnen. Alles lief normal, 45 Minuten waren die Sterne die bessere Mannschaft, führten zurecht mit 1:0, schienen dann stehend K.o., und mussten mit dem 2:2 zufrieden sein. "Kein Wunder, dass uns Kondition fehlt. Wir haben seit Dezember insgesamt zweimal trainiert", sagt Coach Thomas Knopf (38), ohne in Tränen auszubrechen. Er trainiert die Sterne das dritte Jahr. "Hier geht es nicht ums Geld, sondern um den Spaß", begründet der frühere Bezirksliga-Coach seinen "Abstieg".

So ist man sich im Lager des jetzigen Zweiten nicht mal einig darüber, ob der Sprung in die Bezirksklasse gelingen soll. "Ich will schon hoch", sagt Manndecker Christian Scheiter, "wenn ich nicht aufsteigen soll, habe ich auch keinen Bock aufzulaufen". Teamkollege Philip Schiemenz, gleichzeitig stellvertretender Vereinschef, sieht das anders: "Mir würde es reichen, dass wir mal den Stadtpokal gewinnen. Ein Aufstieg würde vieles teurer machen. Wenn ich nur an die Fahrten denke. Außerdem haben wir nicht mal einen eigenen Platz." Derzeit spielen die insgesamt sieben Mannschaften auf vier verschiedenen Anlagen. Zudem, so Schiemenz, verlaufe das Vereinsleben längst nicht so geordnet ab wie bei anderen.

Roter Stern wurde 1999 von linksgerichteten Jugendlichen, die meisten zugleich Chemie-Fans, gegründet. Seitdem ging es für die Schiemenz & Co. sportlich steil bergauf - in vier Jahren von der 3. Kreisklasse bis in die Stadtliga. Daraus resultiert auch die für eine Fußball-Mannschaft eigenartige Altersstruktur. "Wir sind alle um die 25 Jahre alt, im Prinzip seit unserer Gründung zusammengeblieben, es gab auch nur wenige Neuzugänge", erklärt Schiemenz.

Für negative Schlagzeilen sorgte mehrere Male eine Minderheit von Fans, was in zwei Spielabbrüchen gipfelte. Als Problemfall gelten die Sterne deshalb nicht. "Ich ziehe den Hut vor den Jungs, dass sich dort in so kurzer Zeit ein solider Verein entwickelt hat", zollt Willi Wassel, Präsident des Fußballverbandes Leipzig, dem "U30-Verein" sogar Lob.

Als die Sterne gegen Liebertwolkwitz wankten, sogar zwei Tore kassierten, gab es keine Pfiffe der Anhänger. Im Gegenteil: "Auf ihr Sterne, schießt ein Tor", hallte es durch zig Kehlen. Weil eben alles anders ist bei Roter Stern, dem Zuschauerkrösus in Liga acht.

Norbert Töpfer

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