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A star is born - Roter Stern Leipzig (30.9.1999)
Artikel im Cee Ieh 59(Leipzig)

Um die schönste Nebensache der Welt und um den gerade erst gegründeten Verein Roter Stern Leipzig dreht sich das im folgenden abgedruckte Interview zwischen Vertretern des Conne Island und Vertrete-rInnen eben dieses Vereins.

Ihr seit VertreterInnen des Roten Stern Leipzig, erzählt mal, wie alles angefangen hat. Mirko~ Im Prinzip hat es die Leipziger Struktur, die jetzt schon im alternativen Bereich existiert, uns ermöglicht, den Verein zu gründen. Es ist ganz klar, daß wir auf viele Helfer angewiesen sind, und man sieht in Leipzig was in den vergangenen Jahren aufgebaut wurde, letzendlich auch Fuß haben muß im fussballerischen Bereich. Es gibt viele Leute, die gern Fussball spielen, und die zusammenzubringen ist, uns nicht so schwer gefallen. Man sieht es auch an den Reaktionen, daß jetzt viele Leute zu uns stossen wollen, die im Prinzip schon mit Fussball abgeschlossen haben.

Rolf~ Die Vorstufe des Vereins ist eigentlich die Manschaft vom letzten Jahr (Blau Weiss). Die Idee ist irgend-wann mal in der Braustrasse entstanden. Da wir eigentlich alle Fussball spielen und keinen Bock auf irgendwel-che Prolls in unserer Manschaft haben, und die sind im Männerbereich zwangsläufig da. Es gab die Erfahrungen mit Blau Weiss 5 im letzten Jahr. Einige Leute haben dann gesehen, das sie bei Blau Weiss sportlich gesehen keine Chance hatten aufzusteigen. Zuerst kam der sportliche Aspekt und danach kamen die Dinge, die ansonsten noch daranhängen z.B. Fanladen und die ganze dazugehörige Struktur. Grundidee war, den Verein unter Freun-den zugründen, damit diesen alltäglichen Wahnsinn, den man auf Fussballplätzen erleben kann, etwas entgegen-gesetzt werden kann. Viele Spieler aus unserem Freundeskreis haben solche Erfahrungen gemacht und machen sie immernoch.

Mirko~ Naja es ist einfach nur deshalb, weil viele Leute zu uns stossen wollen, es ist schon definitiv ein Unter-schied da, zwischen normalen Proll-Manschaften und unseren Manschaften, das Klima untereinander ist ganz anders, es gibt keine Hierachien gross, es gibt zwar einen Kapitän, aber der trägt die Binde bloss pro forma weil es so gewünscht wird. Aber sonst gibt es unter uns eine Freundschaft, wie sie in anderen Manschaften nicht besteht. In normalen Vereinen existiert die normale Hackordnung, die man auch auf jeder Baustelle oder sonstwo findet.

Wieso heisst ihr Roter Stern und wo seht ihr den Unterschied zu anderen Vereinen? Kann dieser Name als Pro-gramm und Provokation gesehen werden?

Mirko~ Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus klingt das sehr extrem, sich nochmal dazu zubekennen, dem Kapitalismus etwas anderes gegenüber zustellen, das man so genau gar nicht fassen kann. Zu beachten sei auch noch das im Fussballbereich bisher nichts politisches gelaufen ist, obwohl wir wissen, daß gerade beim Fussball politisch interessierte Menschen rumrennen. Wir versuchen das zu bündeln, um Einfluss auszuüben auf unpolitische Fans, die eventuell ins rechte Lager umschwenken könnten.

Rolf~ Provokation ist dieser Name auf jeden Fall!

Was sind eure sportlichen Ziele, Bezirksliga, deutscher Meister oder Championsleague?

Karsten~ Stadtliga.

Mirko~ Stadtliga reicht.

Rolf~ Wir sehen das eher fokussiert, erstmal werden kleine Brötchen gebacken, um es einmal kurz zu fassen: wir wollen jetzt dreimal in Folge aufsteigen.

Mirko~ Stadtliga für uns und Championsleague für Chemie Leipzig

Zurück zum Fussball, Sport ist nicht nur Just for Fun, sondern über Fussball spielen, Fankultur etc. lassen sich Leute beeinflussen, in eine andere Richtung, es lässt sich gegen den rechten Mainstream arbeiten, z.B. Fa-schoprolls mit Roter Stern zu konfrontieren Karsten~ Der Ausgangspunkt ist ersteinmal ein anderer, wir versuchen in Leipzig etwas zu etablieren, an dem sich einige Leute anstossen werden. Wir wollen allen Leute, die korrekt drauf sind und die was verbindet - Punkrock - die Möglickeit zum Zocken geben. Uns geht es darum, allen Leuten, die korrekt drauf sind, die Mög-lichkeit bieten mitzumachen, Menschen, die nicht in Vereinen mit irgendwelchen Faschoprolls spielen wollen. Menschen, die nicht in Vereinen, wo die Leute nach dem Training oder Spielen sich vor dem Fernseher treffen und Bayer, HSV oder Deutschland abfeiern, aktiv sein wollen. Daraus entstehen viele Aktivitäten, Konzerte, Fahrten zu Auswärtspielen, etc. So kann man insbesondere Kids von anderen Sachen wegholen.

Mirko~ Wir sind Chemie Leipzig Fans und daher schon Gegensatz zu der rechten Hegemonie. Im Gegensatz zum VFB Leipzig, wo Wurzener und Leipziger Faschos in Regelmässigkeit verkehren. Chemie ist im Osten schon als Zeckenclub bekannt, die Faschos halten ihn jedenfalls für einen solchen. Da ist schon ein Einfluss von uns spürbar, obwohl wir natürlich wissen, dass nicht nur Zecken zu Chemie Leipzig gehen, sondern das dort auch Rechte und Faschos im Stadion sind und deren Spielraum wollen wir da natürlich einschränken.

Janette~ Unsere Heimspiele sind aller 14 Tage und es ist unser Ziel, diese Spiele als festen Treffpunkt innerhalb von Connewitz zu etablieren. Dass man Leute trifft, sich unterhält, sich sieht, sich besser versteht, das ist ein wichtiger Punkt von Roter Stern.

Seit ihr ausschliesslisch ein Fussballverein?

Rolf~ Momentan ja, aber es gab schon verschiedene Ideen, wie ein Volleyball-Team oder Kickboxen. Von uns wird in dieser Hinsicht wenig Initiative ausgehen, aber die Plattform Verein Roter Stern steht für jede/jeden zur Verfügung. Es müßen sich nur Leute finden, die verschiedenen Sportarten betreiben und umsetzen wollen.

Ihr seid in Leipzig mittlerweile als Zeckenverein bekannt. Wie kommt ihr damit in anderen Stadtteilen klar, in denen der rechte Mainstream überpräsent ist?

Karsten~ Bisher hatten wir damit keine Probleme, aber wir glauben schon, dass wir über kurz oder lang mit Problemen konfrontiert werden. Auf jeden Fall sind wir so eine Art Indikator für verschiedene Stadtteile, wir könnten eine gute Zuträgerarbeit machen für die Antifa in Leipzig, sagen wo es besondere Probleme gab.

Begreift ihr euch als Teil einer linken Infrastruktur?

Janette~ Sicher kann man das mit ja beantworten. Es gibt vegetarische Restaurants und es gibt auch Fussballver-eine. Es gibt neben den sportlichen Bereich einen kulturellen Bereich, es fängt an mit unserem Laden, Konzerte, Lesungen. Das soll alles in verschiedenen Objekten wie z.B. in der Braustrasse oder im C.I. anlaufen.

Wie kommmt ihr mit der Plattform, die euch das Conne Island zur Verfügung stellt, klar? Und wie kommt ihr mit dem kultur-politischen Konzept des Conne Island klar? Wie denkt ihr, dass ihr euch dort einbringen könnt, jetzt und in Zukunft?

Mirko~ Viele Kultursparten, die hier bedient werden, sind ja traditionell in einem Milieu angesiedelt, das in anderen Ländern mit Fussball in Verbindung gebracht werden kann. Wenn ich da so an die Elektroschiene den-ke, wo sich in England viele Hooligans für begeistern können oder an die OI Szene. Eine Verbindung zwischen den Leuten, die das Conne Island betrieben haben und der Fussballszene, hat mir des öfteren gefehlt und das lag wohl an der mangelnden Attraktivität. Lokal wurde nur drittklassiger Fussball geboten, aber wenn Chemie Leip-zig in der zweiten und dann vielleicht in der Bundesliga oder in der Championsleague spielt wird sich das än-dern. Es gibt ausserdem einige personelle Überschneidungen.

Die Vorbehalte bei Linken gegenüber Fussball beruhen doch eher weniger auf der Klassifizierung des gespielten Fussballs sondern darauf, dass Fussball immer gleich gesetzt wird mit Deutschland, Prolltum, rechten Sprüche und Bananen werfen etc...

Mirko~ Daran sieht man, dass auch die Linke nur konsumiert, und da gerade die Medien sich immer das heraus-suchen, was extrem ist - wie Bananen werfen - und dadurch entsteht in den Köpfen vieler ein verschobenes Bild. Es machen sich wenige die Mühe, selber ins Stadion zu gehen und sich ein Bild davon zu machen, was dort abgeht. Wenn man selbst im Stadion ist, kann man auch mitkriegen, dass es andersherum laufen kann. Zugege-ben, meistens passiert das halt nicht.

Karsten~ Wenn man die Fussballfankultur betrachtet, ist es in West und Ost ziemlich erschreckend, was zum Fussball geht. Immer nur die breite Masse, das Proletariat und hierzulande ist das meist rassistisch. Im Zuge der Kommerzialisierung des Fussballs scheint sich das aber zu ändern, beispielsweise in England kann sich kein Proll mehr eine Eintrittskarte von Chelsea oder Liverpool leisten, weil da 35 Mark die billigste Karte kosten würde. Im gesamten Fussballbereich, besonders bei den großen Teams, sieht man, wie wenig die Deutschen eigentlich kapieren, unterm Strich. Um dem entgegenzuwirken, gibt es besonders in Westdeutschland, St. Pauli oder Schalke Fans, linkes Potential, von dem Initativen gegen Faschoprolltum ausgeht. Die Leute verlieren den Spass, wenn sie sich so etwas (Faschoprolls etc.) Woche für Woche reinziehen müssen. Gleichzeitig gibt es aber genug Leute, die dagegen ankämpfen, die die Stadien zurückerobern wollen, so dass man einfach wieder Spass haben kann. Im Osten gibt es da auch vereinzelte Beispiele (Dessau, Babelsberg), gibt es Fankultur, die links geprägt ist und aus der damaligen HausbesetzerInnenszene kommt. Das ist eine gute Sache und unser Ziel ist es, in Leipzig ähnliches zu etablieren. Es muss wieder so werden, dass Menschen mit einem offenen Horizont wie-der Spass am Fussball haben können und nicht davon abgeschreckt werden.

Um nochmal auf vorhin zurückzukommen,was ist für euch Punkrock???

Karsten~ Fussball ist Punkrock. Punkrock ist eine Hawaiifahrt mit Luftmatraze, Sonnenhut und Bermudas nach Karlsruhe zum entscheidenten Spiel. Das ist Punkrock, und irgendwelche Schlager, Schalke.

Was heisst für euch Spass beim Fussball?

Mirko~ Mit tausend Chemie Fans, die ich nicht alle persönlich kenne, Chemie Leipzig Lieder singen.

Rolf~ Zu Auswärtspielen fahren und neue Leute kennenlernen, Lieder singen, Bullen provozieren, Partie mit der Masse von Leuten

Fussball, Ficken, Alkohol: Fussball ist eine Männerdomäne, habt ihr vor, bei diesem Stand zu bleiben?

Rolf~ Das Fussballimage ist doch folgendes; Männer gehen zum Fussball und Frauen nicht. Beim Roten Stern soll das genau anders sein. Wir sind uns bewußt darüber, was in deutschen Fussballstadien mit dem Erscheinen von Frauen für ein feedback seitens der Prolls/Suffies existiert, was da so alles an sexistischer Anmache rüberkommt. Wir würden gerne ein Frauenteam bilden.

Mirko~ das beste wäre, wenn es überhaupt keine Frauen und Männerteams geben würde, sondern alles ein Mix wäre.

Wie finanziert ihr eure anfallenden Unkosten, z.B. Spielplatzmiete, Trikots etc. und wie denkt ihr über Sponso-ring?

Rolf~ Momentan ist unser Finanzkonzept noch sehr diffus, wir sind auf der Suche nach Sponsoren, wir versuchen korrekte Sponsoren zu finden - und haben schon zwei gefunden. Der größte Teil der Finanzierung läuft über Mitgliedsbeiträge das ist ganz günstig, weil sehr einfach, deshalb brauchen wir mehr Vereinsmitglieder. Ansonsten finanzieren wir uns über Benefizveranstaltungen.

Ihr habt ja ziemlich viele gute Spieler, wie geht ihr mit Anfragen nach euren guten Spielern aus dem bürgerlichen kommerziellen Bereich um?

Rolf~ Wer gehen will, kann gehen.

Wir finden, dass ihr sehr oft auf achtziger Jahre-Diskos abfahrt, eigentlich müssten die achtziger für euch Tabu-Thema sein, da ihr in dieser Zeit ja noch fast in den Kinderschuhen gesteckt habt!!! Wie kommt das?

Rolf~ Es kennt jeder.

Karsten~ es ist Punkrock, weil: es ist schlecht. Die Tendenz ist, was schlecht ist, gut zu finden - es gibt soviele Sachen, die wahnsinnig schlecht sind, das sie schon wieder gut sind Rolf~ Wenn Schlager gespielt würde, würden auch alle abgehen.

Habt ihr selbst noch was zu sagen?

Mirko, Rolf, Karsten, Janette~ Kommt zu unseren Spielen, bezahlt Mitgliedsbeiträge und habt Party!

Das Gespräch ging dann noch viel weiter und die Aufzeichnungen darüber würden noch einige Artikel über Fussballfanatismus, Spassfaktoren, Polizisten, Punkrock und so weiter ergeben. Eventuell in einer der nächsten Ausgaben.

wer wir sind und was wir wollen

Fußball - für viele von euch ein Aushängeschild für deutsches Prolltum, für viele von uns Lebensstil. Und genau aus diesem Grund haben wir im Februar diesen Jahres mit Roter Stern Leipzig unseren eigenen Verein gegrün-det. Roter Stern ist ein Versuch, bestehende Berührungsängste und Vorurteile abzubauen, Euch einen Teil bis-lang unbekannter Fußballfankultur und Fußballpolitik zu vermitteln sowie unter Beweis zu stellen, daß Fußball mehr als Biertrinken und Rumprollen sein kann. Momentan sind wir ca.60 Mitglieder und gehen nächste Saison mit 2 Männermannschaften an den Start. Ab September werden wir mit einem Fanladen und einer Geschäftsstel-le im Conne Island für alle ansprechbar sein. Grund genug, unsere Ziele und Vorstellungen kurz einmal vorzustellen.

Veranstaltungen ...

o Durchführung von Konzerten und Diskos

o Buchlesungen o Viedeovorführungen

o Anschauen von Fußballspielen

o Organisation von Auswärtsspielen speziell zu Chemie und St. Pauli

Ziele ...

o feste Etablierung in der Connewitzer Szene, in den alternativen Projekten in Leipzig und im Conne Island

o mehr junge Leute durch Fußball oder Volleyball ans Conne Island bringen, um viele Leute mit dem Laden zu identifizieren und vielleicht auch einige Leute fester und kontinuierlich an den Laden zu binden

o Kontakt mit allen Leipziger alternativen Projekten

o Aufbau eines Fanladens

o Anlaufpunkt für linke Fußballfans im Raum Leipzig sowie überregionale Anlaufstelle

o politische, fußballspezifische Arbeit, da Fußball in Deutschland Sport Nr.1 ist und es kaum ein größeres Fanpo-tential gibt als hier und man ihn besonders in Ostdeutschland nicht der rechten Szene überlassen darf

o Aufbau einer linken bis unpolitischen Fußballszene bei Chemie, da wir keinen Bock mehr auf Faschostreß in Leutzsch haben

o unabhängiges Fußballprojekt, welches nicht durch Sozialarbeiter wie in Fanprojekten gesteuert wird und da-durch politischer Freiraum geschaffen wird

o Aufbau einer Fußballfrauenmannschaft sowie Volleyballmannschaft

o Eintritt ins Bündnis aktiver Fußballfans (BaFF)

o Öffentlichkeitsarbeit sowie eigene Vereinszeitung

Warum wir im Conne Island sind ...

Mit Gründung unseres Vereins stellte sich für uns auch die dringende Frage nach einem Raum, in dem wir unse-ren ganzen Papierkram und die organisatorische Arbeit für Roter Stern erledigen können. Gleichzeitig hatten einige Leute von uns die Idee, diesen Raum parallel auch für viele Leute zugänglich zu machen, um ein zentraler Anlaufpunkt werden zu können und den Verein so publik machen zu können.

Und da einfach viele Leute von uns schon seit Jahren ins Conne Island gehen und sich einige mit ihm identifizie-ren, sind wir in unserer Diskussion zu der Entscheidung gekommen, daß wir zweifellos alle sehr gern hier am Laden bleiben wollen und uns nur ungern auf weitere Raumsuche machen wollen. Ganz einfach aus dem Grund, weil wir uns hier wohlfühlen, weil wir glauben, unsere Ziele hier am besten verwirklichen zu können und weil wir gern viele junge Leute an den Laden bringen wollen. Uns ist klar, daß unsere Ziele sehr hoch gesteckt sind und wir alle nur momentan erahnen können, was uns in nächster Zeit an Arbeit erwartet. Genauso ist uns klar, daß das Projekt durch überstürztes und euphorisches Handeln schnell scheitern kann. Und genau aus diesem Grund, werden wir versuchen, alles nach und nach ruhig anlaufen zu lassen. Das gibt uns genug Zeit, uns in das Projekt hineinzufinden, so daß der Fanladen und Roter Stern letztendlich nicht nur ein Rödelverein wird ...

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