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SV Lipsia 93 Eutritzsch II vs. RSL Erste Herren  2:3
15.3.2015 Thaerstr.
Stadtpokal, Achtelfinale

Kopf aus dem Schlam(m)assel gezogen

Das spürbar kollektive Aufatmen der gut 100 mitgereisten RSL-Fans nach Abpfiff eines nerven- wie kräfteaufreibenden Stadtpokalspiels brachte selbst die Bäume des spärlichen Grüns am Connewitzer Kreuz ins Wanken. Denn nur dank einer couragierten zweiten Halbzeit zogen wir unsere Köpfe beim Aufstiegsaspiranten aus der Stadtklasse Lipsia Eutritzsch II noch aus dem zuvor selbst verschuldeten Schlam(m)assel und erreichten dank eines 3:2 (1:2)-Erfolges das Viertelfinale.

Drei Änderungen in der Startelf nahm das Trainerduo Bieleit/Zopf im Vergleich zum Chemie-Spiel vor. Chris half dankenswerterweise im Kasten aus, da sich Raik von einem mikroskopischen Eingriff erholte. Basti Bernhardt schonte seinen beim letztwöchigen Torjubel gebrochenen kleinen Zeh, was Kosta wieder ins zentrale Mittelfeld zurückbrachte. Und Gringo ersetzte Angriffs-Existentialist Paul, der erst überhaupt nicht an einen Achtelfinaleinzug unsererseits geglaubt hatte und daher sein vermeintlich freies Wochenende in Paris für die Teilnahme an einem Blockseminar über die „Aktualität von Sartres ‚das Sein und das Nichts’ in der postmodernen Gesellschaft“ nutzte.


Apropos Sein und Nichts. Lipsia, immerhin ältester Fußballverein Sachsens, wurde 1893 gegründet. Da war noch nicht mal Sartre geboren, aber in jedem Fall das morbide Feld 2 am Eutritzscher „Sportplatz Thaerstraße“ angelegt. Auf entsprechend herausforderndem Geläuf im Rasen-Nichts aus Schlamm- und Sand-Sein wurde die Partie angepfiffen. Stellt euch drauf ein, versucht es nicht Kleinklein und haltet gegen einen mutmaßlich galligen Kontrahenten (der wohl nicht von ungefähr auf Rang zwei der Stadtklasse steht) auch dagegen – gebetsmühlenartig warnte uns das Trainergespann in der Kabine vor all den voraussehbaren Gegebenheiten. Doch fast schon folgerichtig überhörten wir ihre stummen Schreie und taten zunächst nichts dergleichen.

Ereignisarm, verängstigt, dem aufziehenden Schicksal ergeben und noch schlimmer – einzelgängerisch ohne jegliche Unterstützung für den Nebenmann: Elf Antoine Roquentins („Der Ekel“, 1938) schleppten da ihr RSL-Trikot umher. Dennoch gingen wir aus unerfindlichen Gründen sogar recht früh in Führung (17.). Simon köpfelte einen von Pirmins Scheitel verlängerten Einwurf über die Linie. Aber Lipsia entgegnete dem Gegentor verdient mit einem Doppelschlag binnen vielleicht 30 Sekunden. Erst profitierte ein Angreifer von einem Missverständnis zwischen Winkel und Chris, dann bedankte sich sein Mitspieler für Kostas leichtfertigen Ballverlust nach Anstoß und durfte locker einschieben (35./36.).

Halbzeit. Schweißgebadet kauerte Paul derweil an Sartres Grab auf dem Friedhof Montparnasse, zitternd die dritte Karaffe ‚Pinot Noir’ in der Hand. Und Finsternis brach herein. „Der Mensch ist Angst. Der Mensch ist Verlassenheit. Der Mensch ist Verzweiflung“, whatsappte er live in die Kabine noch zu Heyno, was unser requiemhaftes Gemüt sichtlich aufheiterte. Dann zog er weiter. Nach Père Lachaise, um gedankenverloren an Morrisons Ruhestätte zu flöten: “This is the end, beautiful friend - This is the end, my only friend, the end […] Lost in a Roman wilderness of pain - And all the children are insane, all the children are insane - Waiting for the summer rain, yeah […]”.

Und wie reagierten wir, genau 967 gegooglemapte Kilometer weiter nordöstlich? Von Wiederanpfiff an endlich mit Leben in Körper und Geist! Endlich gewannen wir Zweikämpfe, endlich zeigten wir Präsenz in der Zentrale, endlich ließen wir uns von Rückschlägen wie Rudis verschossenem Elfmeter Mitte der zweiten Halbzeit (der gerade erst eingewechselte Max Herzog hatte diesen herausgeholt) nicht zurückwerfen. Den Gastgebern ging merklich die Puste aus. Wir drückten sie tief in deren eigene Hälfte, Simon, Max Herzog und Rudi erreichten zunehmend die Grundlinie und entnervten ihre Gegenspieler mit ballgewandten Antritten und provozierten dadurch Ecken und Einwürfe, die stets brandgefährlich wurden. Eine davon verlängerten Heyno und sein Gegenspieler irgendwie gemeinsam ins lange Eck zum nunmehr verdienten Ausgleich (70.). Und sieben Minuten vor Schluss drückte Hendler Rudis abermalige Ecke mit der Hüfte zu Pirmin, der gekonnt per Drehschuss aus sechs Metern vollendete. Die Erlösung! Gerade noch rechtzeitig! Auch für Paul, der – soeben im Louvre wieder mit Internetverbindung – sogar ein Lächeln bei der Mona Lisa entdeckte.

P.S.

1.) Ne' schöne Bildergalerie: https://www.flickr.com/photos/soerenkohlhuber/sets/72157650963538388

2.) Video vom verschossenen Elfer: https://www.youtube.com/watch?v=iYAnyOaxvjY

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