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SG Taucha II vs. RSL Zweite Herren  3:0
18.11.2018 Kriekauer Straße 21

Ein Tag auf Untaucha

Der Griff zur Feder, die Tastenklimperei ist manchmal undankbarer als Wohnen in einem Kaff vor Leipzig. Die Freude auf das Spiel in Taucha war spürbar und jedes Gesicht strahlte eine heimliche Freude und Zärtlichkeit aus. Warum sich aber statt der Fischladen wie sonst, das König Heinz als Treffpunkt herauskristallisierte, kann nur erklärt werden, indem die erste Person am Treff sich ein Herz fasste und den vom Vorabend komatösen Wasserträger der Zwoten, NS-Leiste, von einer der Bänke des KH zu kratzen suchte, es nicht schaffte und die eintrudelnden um Hilfe bittend zu sich rief, bis endlich das Roß sich erhob wie Wirse an guten Tagen.
Um aber dem Anspruch auf Wahrheit gerecht zu werden, dem dieser Bericht unterliegt wie des Trainers Haare dem Kamm, muss das Mysteriöse an der Treffpunktwahl zwar nicht aufgeklärt, Leistes Zustand aber als tadellos anerkannt werden!; rasiert und munter empfing er jeden, in Hundejacke gewickelt und mit einem Lächeln, dessen Zauber er vermutlich Wochenends zuvor, als die gewaltaffine Plattnase das Kitzen-zerschlitzen schwänzte, sich bei seinen neu erworbenen Fellponys abgeguckt und wie rethorische Untäter, vorm Spiegel einstudiert haben musste. Überhaupt finden lobende Worte des Sportlichen Leiters Richtung viel zu selten. Denn endlich benimmt er sich nicht nur seiner Fanzugehörigkeit entsprechend muxmäuschenstill, auch das Kaffeekochen entriss er verantwortungsvoll Jasons Jura-Klauen. Jener, der wirklich glaubte im Kabinengespräch mit knapp 700 Instagram-Followern auftrumpfen zu können, bis ein müdes Lächeln der Eleganz in Person die Nachfrage seines Trainers provozierte und sich Mo zu dem Geständnis genötigt sah, für über 1600 ihm folgenden Bildschirmsüchtigen den Sugerman zu spielen. Süß, Jason.

Lauer's schöne Läufer und sweete Insta-Influencer sahen sich vor dem Spiel in die blendende Lage versetzt, St. Wirhöttenjanichts bis auf einen Zähler auf die Pelle zu rücken. Was im Sommer noch als Träumerei oder Sensation diskreditiert wurde, ist tatsächlich in den Bereich des Möglichen gerückt: ein Aufstiegsplatz für den Aufsteiger. Bedient durch den Spieltag zuvor musste nur Taucha noch gefressen werden. Wie es zu dieser herausragenden Situation kam? Dazu gibt’s so viele Ansichten wie Farben auf 'ner Demo in Connewitz. Und dass die Aufmerksamkeit der Tuscheler und Thekenphilosophinnen im Kiez auf die offensichtlichste Veränderung im zarten Gewebe der Zwoten schielt, ist berechtigt wie ein zu hoffendes, alsbaldiges Verbot von E-Zigaretten in Gebäuden des RSL. Schließlich durfte endlich, nach der Franz Josef Strauß ähnelnden Ära von Leiste und Muckel, ein Früchtchen ihr Erbe antreten, das reifer daherkommt als Hennes Stripeinlagen, impulsiver als Ü35-Väter unter der Dusche, ja, das süßer und hübscher sogar eine Coaching-Zone zu erfüllen weiß als Bruno Labadia. Er, dessen Arbeit jedes Eichhörnchen neidisch und dem gefragten Tiefenpsychologen der Ersten, aka Mitleid, Feuer unterm Arsch macht; dem die Spatzen vom Dach so tolle Namen wie „Fetisch-Lauer“, „Lackhaar-Lauer“ oder „Kickloch-Lauer“ zudichteten, mit praktischen Namen wie „Ordnungs-Otto“, „Papa-ich-geh-jetzt-Pumpen-Peter“, „Jens der Jubel-Juso“ und „Ein Dealer Namens Dukscher“ tauften, ihn ehrfürchtig „Magischer Matze“, „Coach L.“ und „Motivations-Maschine“ preisen oder „Ohh, ist das ein niedlicher Nagelinagelsmanni!“ rufen; dieser Lurch aus der Holsteinischen Einöde schuf einen Organismus – „Seid wie ein großer Schwarm Fische.“ (Lauer 2018a: xiv) – der noch den größten Landesklassenfisch sich einverleibte, als schilllernde Schuppe zwar anhing und wie Schmuck auch offen zu tragen weiß, aber doch das viele Dünne, das dieses Lößniger Kiementier so stetig zu absorbieren sucht, verdaut und humoristisch auszuscheißen nicht vergisst.

Auch heute, um dieser Malzeit in Taucha die Schärfe zu nehmen, bewies ein lächzender Lauer abermals Raffinesse, trocknete noch kurz dem Mundwinkel entronnene Geifer und ließ den Neauetaler aus Schieß-mich-tot-wie-heißt-das-Tal? die Ansagen machen. Zwar kroch kaum ein verständliches Wort die Ohrmuscheln des lauschenden Auditoriums entlang, doch entstand wahrhaftig ein Gefühl von: da kam mehr als das sonstige „Uga Uga Wismut Bla Bla Uga Uga“. Und so ging die Truppe, beeindruckt von Landesligakörperfettampeln, bei deren Anblick manch Bauch noch sich schamhaft wellte, hinaus ins Freie, die Treppe eines Möchtegernstadions hinab auf den Rasen, der wie ein Gebetsteppich unter Fuß und Knie sich legte und als einziger am heutigen Tage Erbarmen zeigte. Denn bei jedem Atemstoß qualmte die Luft und es war so kalt, dass Gerüchte darüber sich verbreiteten, an Sperbers Beinen wagten vereinzelt Härchen sich aufzustellen. Tatsächlich ließ die sächsische Schröpfnatur es sich nicht nehmen, ein Auswärtsspiel in Taucha als genügende Strafe für maßloses Hobbyengagement gelten zu lassen; die, die aus blöder Solidarität oder blindem Fanatismus, sich diesen Kick noch vor die Lider brachten, wurden in zollkriegerischer Manier von trumpistischen Tauchianern noch um 3€ Eintritt beschissen. Sei's drum. Dass sie es jedoch Ernst meinen, mit ihren Albernheiten, wurde zudem von der Bitte behelligt, Werbebanden von irgendwelchen Fahrschulen und Fensterputzfirmen mit Namen wie „Weber“, „Winkelmann“ oder „Borchardt“, nicht mit Spruchbannern zu behängen, die diesem Sport, dessen Dominanz in Deutschland doch an jedweder Verhältnismäßigkeit einbüßt, noch minimal ein Aroma von Vernunft zu verpassen suchten.

Das riesige Grün bot Platz wie ein Fulghafen. Doch statt entsprechend mit satten Flugbällen das Weite zu suchen, wanderte der Ball gemächlich durch eine planvoll aufspielende Tauchianermannschaft. Das Sturmduo MB hatte alle Mühe sich der Taktiktyrannei untergeben zu zeigen. Und nach einem gut herausgespielten Angriff, der dem intelektuellem Angriffscredo unseres Trainers – „Spiel den Ball raus, dann rein, dann raus, dann rein, dann Tor.“ (Lauer 2018b: 436) – wunderbar entsprach, führte Taucha 1:0. Ja manchmal helfen auch Kiemen nicht beim Untertauchen oder dem Auftauchen von Tauchianern. Auch das Monieren, eine Alienflosse habe den Ball vor dem Einschub noch betatscht, blieb von der noch in Markranstädt so wasserfesten Schietsrichterin unerhört. Die sich nun mehr und mehr darbietenden Räume konnten die Sterne nur vereinzelt nutzen. Als Jason – heute von Beginn an, für den geburtstagsgeschwächten und mehrmaligen Gewinner des Baloun d'Or, Ehlz, auf rechts – endlich an seine vorabendliche Linienperformance anknüpfte, bis zum Grund der gegenerischen Hälfte drang und den Ball in die Mitte zu zwirbeln gedachte, konnte nur der nicht zum Gruße hochgerissene Arm des Verteidigers das Runde daran hindern durch den Strafraum zu jagen. Alle haben es gesehen. Das im Schreckmoment erste und einzige Mal in einen menschlichen Ausdruck verfallene Gesicht des Hünen spätestens, verriet was geschehen war: ein Handspiel im Sechzehner. Und wie es oft vorkommt, in einer erfolgreichen Diktatur, verfallen Untertanen in blinde Gefolgschaft; sie glaubten, mimetisch der naiven Dummheit ihres Führers sich anschmiegend, an menschliches Versagen an der Seitenlinie. Nur vereinzelt wurden Zweifel laut an dieser Darstellung, denen von oben mit überheblichem Lächeln Verschwörungsglaube vorgeworfen wurde und die sich im Nachgang des Spiels doch als wahrhaftig entpuppen sollten. Denn gemeinsame Recherchen von NDR und Spiegel, die ihre Ergebnisse in der Süddeutsche Zeitung veröffentlichten, ergaben, dass der Linienrichter von russischen Staatsmedien finanziert wurde, um dem deutschen Vorzeigesportverband DFB das Image zu versauen und von Dopingskandalen abzulenken. Pfui. Es überrascht daher kaum noch, dass eben jener Spion in Hälfte zwei, bei einer durchaus kniffligen Entscheidung: drin oder draußen, auf den Punkt deutete und nicht nur das 2:0 damit besiegelte, sondern auch die Herzen gutgläubiger Südstädtler zerriss. Es geschah dies während einer Drangphase der Grünen, die die taumelnden Eisblöcke rund um Labadia-Lauer langsam auftauen ließ. Dass noch ein weiteres Tor fiel, haben nur die wirklich Gelangweilten registriert, die Spielberichte bis zum Ende lesen oder in Untaucha mehr als eine Stunde verbringen.

Aus kindischer Freude auf Weihnachtsgeschenke benahm ein Gefühl sich der Gemüter des Lauerschen Spielviehs, das Ohnmacht und Wut in sich vereinte. Denn in dieser postfaktischen Welt, wo Machtspielchen Kreisfussball unschmackhaft machen, wo hobbyjournalistische Artikel gespickt sind mit Lügen, wo der Hinweis auf eine freie Position als Gebrüll verfasst und der enge Kontakt zur Spielleiterin – „Da sag ich: das mach ich schon immer. Seit dem ich denken kann, versuche ich das Spiel zu unseren Gunsten zu lenken.“ (Heyn 2019: 1312) – als negativ für die Teammoral ausgelegt, gar Vorschläge für alternative Freistoßvarianten bis in die Lächerlichkeit verunglimpft werden, fällt es schwer abzuwägen zwischen gut und schlecht, zwischen richtig und falsch, zwischen dreh und klatsch. Und so wird wohl das folgende Spiel schon nicht mehr dem Aufstiegskampf zugegerechnet, dem Licht gewidmet; vermutlich – und nur die Hoffnung es würde anders, lässt uns forttrainieren – wird rücksichtslos, ja in schamloser Selbstherrlichkeit gewissenloser Medienmogule mit existenziellen Ängsten von Menschen gespielt.

Literatur

Heyn, Sebastian. 2019. Memoiren einer Legende. Connewitz: Frau Krause Taschenbücher

Lauer, Matthias. 2018a. Kreativ Motivieren: Psychologie für Kreisklassenkicker. Dölitz-Dösen: LFV Verlag

Lauer, Matthias. 2018b. Taktik Theater: Angriff für Anfänger – Defensive für Deppen. Dölitz-Dösen: LFV Verlag
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