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RSL Zweite Herren vs. SV Sternschanze  0:0
8.1.2011 Hamburg
9. Platz des Vorjahres Verteidigt

Manchmal geht es nicht nur um Fußball. Manchmal geht es um Anderes. Dass Loitzschke sich
einen Audi gekauft hat zum Beispiel. Dass man, mit dem nötigen Sachverstand, auch knapp acht
Stunden nach Hamburg brauchen kann zum Beispiel. Oder dass Alkohol bei einigen doch nicht
leistungsfördernd ist. Aber alles der Reihe nach. Der Trip nach Hamburg zum Schanzenturnier stand
unter keinem guten Stern. Et kütt wie et kütt, sagt der Rheinländer. Nur, et kam
niemand. Um 16:00 Uhr Ortszeit sollten sich die leidenschaftlichen Kämpfer gegen das Böse der
Welt treffen, um die Reise nach Hamburg, Schrägstrich St. Pauli, Schrägstrich Reeperbahn
anzugehen. Um 16:00 Uhr Ortszeit aber standen vorm Fischladen lediglich die zwei
Nachwuchstalente Simon und, eh, meine Wenigkeit, und wunderten sich, wo der Rest der
Revolution wohl geblieben sein könnte. Man glaubte nicht an eine Art Verschwörung. Man glaubte
an die Faulheit des Volkes. Lediglich Loitzschke kam kurz darauf im nigelnagelneuen Audi
vorbeigefahren. Man besprach sich kurz und stellte fest: es fehlte die halbe Mannschaft, es fehlten
Trikots, es fehlten sogar Spielerpässe. Kurz: nur für Bier war gesorgt. Also beschloss man Leiste
einen Besuch abzustatten, um zumindest Trikots und Spielerpässe auftreiben zu können. Um circa
17:12 und 42 Sekunden Ortszeit hatte man das Nötigste eingesammelt und es konnte losgehen.
Nichts würde uns aufhalten. Simon hatte zwei Freunde aus Hamburg gefragt, ob sie Teil unserer
Bewegung sein möchten, und beide hatten schnell zugesagt, noch einmal ein Dankeschön an die
Jungs an dieser Stelle, auch wenn Kuba noch lernen muss, was die genaue Definition von „Tor“ ist.
Aber dazu später mehr. Oder doch lieber weniger.

Es ging also los. Autobahn, Mukke, Bier und Philosophie. Das waren so unsere Ansprüche an die
Fahrt. Aus der Mukke sollte aber nichts werden. Die Antenne empfing ab einer bestimmten
Geschwindigkeit keinen Radiosender mehr, oder zumindest nicht ohne Rauscheinlagen, und für
CDs hatte auch niemand gesorgt. Das war uns dann aber auch egal. Wir füllten die Stille mit
ausgewogenen Gesprächen über Gott und die Welt. Und natürlich unsere Revolution. Schließlich
musste man tanken, verpasste aber einen Autohof aufgrund unzureichender Beschilderung und
entschloss sich einen kleinen, also, wirklich kleinen Umweg zu
machen. Die Namen der Dörfer, also: der Städte, die wir durchfuhren auf der Suche nach einer
Tankstelle, sind mir nicht im Gedächtnis geblieben, zu sehr ergriffen war ich vom Anblick jener
Idyllen, die ich hier nicht imstande bin angemessen darzustellen. Etwas später, es waren wirklich
nur wenige Minuten, waren wir aber auch schon wieder auf der Autobahn. Und es kam, wie es
kommen musste, oder: et kütt wie et kippen muss. Wir verpassten die Abfahrt nach Magdeburg.
Und machten so einen kleinen Abstecher nach Göttingen, um von dort aus sicher, in gerade einmal
knapp acht Stunden in Hamburg einzutrudeln. Holger, der aus Berlin gestartet war, hatte eigentlich
angenommen, dass wir bereits angekommen waren, dass wir bereits ausgepackt, dass wir die
Ortschaft schon ein wenig erkundet hatten. Pustekuchen. Der Zug traf nur wenige Minuten nach
unserer Ankunft ein.

Überglücklich ob des neuen Weggefährten machten wir uns auf die Suche nach dem „besetzten“
Haus. Dort wurden wir nett begrüßt von einer gutherzigen Dame, die total den Durchblick hatte,
und einem jungen Mann, der Loiztschke eine neue Kunst des Rauchens beibrachte. Zitat: so will man begrüßt werden[Loitzschke, gesächselt natürlich].
Und ab ging’s auf die Reeperbahn. Mexikaner trinken. Bier trinken. Und so weiter. Als man dann
endlich gut angeheitert war, verschlug es uns in einen Pub mit Live-Musik, die bestimmt total gut
war. Holger verewigte den Stern auf einem Geländer und Loitzschke „feierte die ganze Nacht“. Um
halb sechs Uhr morgens ging es auf den Heimweg. Sicher, vorm Schlafen-Gehen mussten wir noch
den international hochgradig gefährlichen kapitalistischen terroristischen Imbissbuden etwas Gutes
tun und so torkelten wir in eine Dönerbude [ich für meinen Teil nicht, ich habe mir eine
Hähnchentasche von nebenan geholt, mir
war gar nicht schlecht danach, die war toll und überhaupt musste ich gar nicht warten, weil niemand
anderes dorthin wollte!]. Loitzschke belustigte das gesamte Volk mit seinem gekonnten Sächsisch
und als ich dazu stieß, befürchtete ich, eine junge Dame könnte sogar daran ersticken, als er anfing
Erzgebirgisch zu reden. Es ging aber noch mal gut.

Der nächste Morgen, gefühlte zehn Minuten nach dem Einschlafen. Zigarette zum Frühstück und los gings. Die anderen Mannschaften hatten sich alle bereits umgezogen, machten sich um uns herum warm, und die einzige Frage, die uns beschäftigte, war: ob die zwei Kumpels vom Simon auch auftauchen würden, denn ansonsten hätten wir keine vollständige Mannschaft stellen können, aber vor allem: ob man auch vor Ort nen Kasten Bier hätte kaufen können. Ersteres ging gut. Letzteres hob man sich dann doch ob der nicht wirklich vorzeigbaren Zustände der Mitstreiter noch etwas auf. An die ersten Spiele kann ich mich nicht mehr wirklich erinnern. Das meiste habe ich ganz gut verdrängt, glaube ich. Nur bruchstückhaft sehe ich Szenen von grausamen Gleichgewichtsstörungen und Spielern, die es gar nicht gab, aber trotzdem angespielt wurden. Kurz: man verlor die ersten beiden Partien, verhinderte aber eine totale Blamage durch die totale Verweigerung die eigene Hälfte zu verlassen.

Im dritten Spiel kam man endlich zum ersten Punkt. Nach einer schönen Kombination über Simon
und mich wurde Kuba im Strafraum zu Fall gebracht und verwandelte unheimlich sicher. Dass es
nicht dabei blieb, war klar, und so war man froh, als der Schlusspfiff ertönte und der Gegner nicht
mehr Tore auf dem Konto hatte als man selbst.

Im vierten Spiel trumpfte der RSL auf. Marschierte. Brillierte. Führte den Bezirksligisten vor und
traf folgerichtig durch mich, ich wähnte mich da schon als Torschützenkönig der Herzen, zum 1:0.
Die Zuschauer applaudierten uns euphorisiert zu, konnten wir doch einem der Favoriten den
Halbfinaleinzug verbauen, aber vielleicht applaudierten sie auch nur, weil sie nicht mehr damit
gerechnet hatten, dass wir überhaupt gegen den Ball treten können. Das Spiel gewann man trotzdem
nicht. Das kurioseste Tor des Turniers sollte das verhindern. Ein Pass aus dem Mittelfeld, alle
wollen hingehen, niemand kommt hin, und auch Loitzschke hatte nicht aufgepasst im Tor, da er sich
noch mit mir unterhielt, und so kullerte der Ball unberührt ins Netz. Die zahlreichen Chancen von
Kuba in dieser Partie wollen wir nicht ansprechen. Er hat ein gutes Spiel gemacht, trotz alledem.

Man beendete also die Gruppe als Letzter und durfte gegen den Gastgeber ran im Spiel um Platz 10.
Nach einem Knaller von Sternschanze in den Winkel, bei dem Loitzschke machtlos war, glich ich
aus, ehe Kuba in der Nachspielzeit den viel umjubelten Siegtreffer erzielte und der Rote Stern
Leipzig den glorreichen 9. Platz belegen durfte.

Anschließend ging es zum Getränkemarkt, oder Kiosk. Es war irgendwie ein Mix aus beidem. Man
versorgte sich mit Bier und ging nach Hause, wo die Alten, also Holger und Loitzschke, sich erst
einmal erholen mussten, und Simon und ich schon Mal ein bisschen vortranken für die Feier im
Clubheim der Sternschanzen. Die war auch ganz witzig, und als die Band aufhörte zu spielen,
machten wir uns aufn Weg zur Reeperbahn, mit kleinem Abstecher in eine Punkerkneipe. Wieder
einmal landeten wir dann in der Cobra Bar, die schließlich auch den besten Mexikaner der Stadt
verkauft, und betranken uns mitsamt unserer Aushilfe für den Systemumsturz: Felix. Er war meines
Erachtens der beste Spieler des Turniers, zumindest in der dritten Halbzeit. Vom Rest des Abends
weiß ich leider nicht mehr allzu viel, nur: dass ich auf der Couch im „besetzten“ Haus aufgewacht
bin und sowohl Simon als auch ich keine Ahnung hatten, was passiert war und wie wir schadlos
dorthin gekommen waren. Et kütt wie et kütt.

Am nächsten Tag machten wir uns dann auf den Rückweg. Dieses Mal brauchten wir nur vier
Stunden. Die Revolution ist aber nicht gelungen. Die muss noch warten.


Hakan

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