Automängel
Jedes Mal, wenn sich eine handvoll Leute zusammengefunden hat, um zu einem
Spiel vom FC St. Pauli zu fahren, stehen diese vor dem Problem: wie kommt
man am besten dorthin? Am besten, bzw. am einfachsten geschieht dies immer
noch mit dem Auto, und jedes Mal muss mensch aufs neue feststellen, dass
es gar nicht so einfach ist, sei es längerfristig meistens jedoch
kurzfristig, ein solches zu organisieren.
Die Tatsache, dass es einfach zu wenig verfügbare Kfzs im Umfeld
des Roten Sterns gibt, war für eine gewisse WG aus der Bornaischen
Strasse ein Grund, sich ein eigenes Automobil zuzulegen. Lange wurde dieses
Vorhaben geplant und natürlich auch nicht geheim gehalten, schon
bald sollten bessere Zeiten anbrechen und Fahrten zu Fußballspielen
nicht mehr so kompliziert sein.
Mit ein bisschen Aufwand war die ganze Sache allerdings schon verbunden,
schließlich stand der künftige WG Citroen abgemeldet
in Klitzschen bei Torgau. Von dort musste er mit Umweg über den TÜV
in Eilenburg nach Leipzig geholt werden. Eigentlich kein so schwieriges
Unterfangen, wenn mensch erst einmal alle Formalitäten im Vorfeld
abgewickelt hat.
Ende Februar war es dann schließlich soweit: Ein Bewohner der WG
Bornaische machte sich, mit dem Auftrag den Wagen nach Leipzig
zu holen, auf den Weg nach Torgau bzw. nach Klitzschen.
Doch der Citroen kam nicht wie geplant in Leipzig an und wird auch nie
für irgendwelche Unternehmungen zur Verfügung stehen. Was war
passiert?
Dem offiziellen Bericht zufolge holte Bornaische Bewohner C den
Wagen, wie vorgesehen, in Klitzschen ab. Nach 22 km Fahrt stieg plötzlich
Rauch aus der Kühlerhaube, Grund genug um rechts ranzufahren um nachzusehen
was los ist. Mit einem zur Hilfe geeilten Lkw Fahrer wurde nun
versucht die Kühlerhaube zu öffnen, aus der mittlerweile Flammen
schlugen. Diese hatte sich verklemmt und ließ sich nur noch wenige
Zentimeter anheben. Durch diesen Spalt jagten die beiden den kompletten
Inhalt eines Feuerlöschers ins Motorinnere, was lediglich zur Folge
hatte, dass zwei Mäuse aus dem Motorraum auf die Strasse fielen und
fluchtartig den Ort des Geschehens verließen. Es dauerte keine drei
Minuten und die Freiwillige Feuerwehr aus Eilenburg rückte mit drei
Löschzügen an, um dem ganzen ein Ende um setzen. Die Motorhaube
wurde aufgebrochen und der Brand kurzerhand gelöscht. Abgesehen von
den fast neuen Reifen und dem Autoradio war der Wagen nicht mehr zu gebrauchen.
So der offizielle Bericht, doch es bleibt viel Raum für Spekulationen.
Vielleicht wurde der Brand auch selber gelegt. Wie wir alle wissen, koste
so ein Auto ja auch Geld. Die Anschaffungskosten betrugen in diesem Fall
null, aber bleiben immer noch TÜV- Gebühren, Anmeldungskosten,
Versicherung, Steuern und natürlich Benzingeld.
Was, wenn es den Bewohnern der WG Bornaische nach der anfänglichen
Euphorie erst im nachhinein bewusst wurde, dass man sich einen solchen
Luxus eigentlich überhaupt nicht leisten kann? Wie zieht man sich
am besten aus der Affäre ohne dabei sein Gesicht zu verlieren? Zu
viele Leute waren schon von diesem Vorhaben unterrichte worden, und jetzt
auf einmal zu sagen, dass mensch das Auto doch nicht nimmt, weil es einfach
zu teuer ist, geht natürlich nicht.
Möglich ist auch, dass es, noch bevor das Objekt der Begierde da
war, zu Konflikten innerhalb der WG gekommen ist oder mensch die Wahrscheinlichkeit
dafür gesehen hat. Und wenn es so war, wer war dann daran beteiligt?
Waren sich alle Beteiligten über die Vorgehensweise einig, war es
eine Verschwörung von zwei oder drei der vier Personen oder war es
eine Tat im Alleingang?
Was auch immer zu dem Vorfall am 25. Februar auf der B 87 in Eilenburg
geführt hat, eines steht fest: In Leipzig bleibt alles beim alten,
Autos beim Roten Stern sind rar und Fahrten zu Spielen vom FC St. Pauli
werden sich nach wie vor als schwierig erweisen, denn dass Zugfahren keine
ernst zunehmende Alternative ist, mussten zuletzt sechs Sterne erfahren,
die sich auf den Weg zum Spiel Schalke 04 FC St. Pauli gemacht
hatten (siehe PE Ausgabe 12) .
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