XXX oder Die Lust am nüchtern Sein
Wer kennt sie nicht - Hippies, Punks, Skins, Hardcorer, Hip Hopper, Fußballprolls...
zusammengefasst die Anhänger unterschiedlichster Subkulturen. Sie
alle eint ein Musikgeschmack, eine Lebensart oder ein Äußeres
entgegen der Norm. Ihre gesellschaftliche Akzeptanz sinkt oder steigt
mit der Stimmungsmache der öffentlichen Medien. Toleriert werden
alle, die weder die öffentliche Sicherheit gefährden noch gegen
Staat und Weltordnung agitieren.
Eine eher ruhige und deswegen unpopuläre Subkultur, ist die des
Straight edge (S.E.). Ähnlich wie viele anderen Subkulturen kommt
auch der S.E. aus dem Musiksektor (hier HC/Punk) und darf auf eine lange
und reichhaltige Geschichte zurückblicken. Der Startschuß fiel,
wie sollte es anders sein, in den Vereinigten Staaten. Die Punk Szene
Ende der Siebziger boomt, doch mit aufkommenden, destruktiven Phrasen
wie No future, no hope' , dem steigenden Drogenkonsum unter den
Kids und der daraus resultierenden Lethargie können sich Einige nicht
anfreunden. Sie übernehmen die aus ihrer Sicht konstruktiven Werte
des Punk, das Do It Yourself (DIY) Prinzip, die Unabhängigkeit, partiell
auch politische Ideale und spalten sich als Hardcore' Szene ab.
Unmengen von Bands gründen sich in der Folgezeit, prominenteste sollten
die aus Washington D.C. kommenden Minor Threat werden, deren Song `Straight
Edge` anfang der Achtziger den Grundstein für die expandierende S.E.
Szene legte und gleichzeitig erste Grundprinzipien benannte.
Die erste wirklich greifbare Definition des S.E. liefert wiederum ein
Song des Ian McKaye, dessen Anliegen sicher nicht das Propagieren der
heiligen drei Gebote war. Wie viele andere Punker mit Hang zum `Drug free
lifestyle` auch, schrie er heraus, was er als Missstände in dieser
Szene ausgemacht hatte. "Don`t smoke, Don`t drink, Don`t fuck"
- harte `Scheiße` die aber selbst heute noch die Grundregeln eines
S.E.er darstellt und selbstredend eine ordentliche Portion Selbstdisziplin
fordert. In jedem Fall ein Zeichen wie schlecht es um die Punk Szene bestellt
war. Etwa in jener Zeit, beginnen S.E. Anhänger sich ein großes
X auf die Handrücken zu malen, um ihren Verzicht auf Alkohol und
Drogen öffentlich zu zeigen. Ein paar Jahre zuvor waren es noch Minderjährige,
die bei sogenannten `All Ages` Konzerten diese Markierung tragen mussten
um ihnen den Erwerb von alkoholischen Getränken unmöglich zu
machen. Nun wird dieses Symbol zum Markenzeichen der Szene.
Im Laufe der Jahre sprossen in den gesamten USA Straight edge Combos
aus dem Boden, kurz darauf fand die Idee auch in Europa die ersten Anhänger.
Einher mit jener Expansion, geht eine individuelle Regelerweiterung -
leider sehr oft in die falsche Richtung. Zielte die Idee des `Nicht fickens`
anfangs noch auf eine Abgrenzung von normalen Collegestechern ab, forderte
nicht nur die S.E. Ikone Ray Cappo die Enthaltsamkeit bis zur Ehe. Über
die nächtlichen Aktivitäten in den Betten weltweit bemerkt er
angewiedert: "Wir treiben es wie Tiere." .
Ein Großteil der S.E. er beginnt zudem sich vegetarisch oder sogar
vegan zu ernähren. Ihr inzwischen erlangter klarer Verstand befähigte
sie, in erster Linie ökologische Probleme zu benennen(z.B. ausführliche
Ausarbeitungen zu Schadstoffen in der Milch!?) - Hauptbetätigungsfeld
hier ist das Tierrecht. Nicht selten werden Salamipizza-Essende S.E.er
angepöbelt, in Diskussionen verwickelt oder in Einzelfällen
des Ortes verwiesen. Gerade die Massentierhaltung stößt in
S.E. Kreisen auf herbste Kritik und wird nicht selten als das schlimmste
Verbrechen der Menschheit angesehen.
Neben diesem bisweilen militanten Tierschutz, verschreiben sich einige
Vollidioten dem Schutz des ungeborenen Lebens, entziehen werdenden Müttern
das Recht einer Abtreibung. Nicht selten bekennen sich S.E.er aufgrund
vieler Überschneidungen in ihren Grundzügen, zur Krishna Religion
oder dem Christentum. Was dazu führte das Lyrics diverser Bands zu
heiligen Schriften und Konzerte zu einer Art Messen umgedeutet wurden.
Mit Punkrock oder Weiterentwicklung hatte das alles, jedoch nicht mehr
das geringste zu tun.
Nun möchte ich den S.E.ern ja nicht die Fähigkeit einer Gesellschaftskritik
absprechen, aber der Feind ist weder der Alkohol noch die FleischkonsumentInnen.
Euer Engagement in Menschen- und Tierechtsorganisationen (Amnesty International,
Equal Rights, Earth First, Animal Liberation...) in allen Ehren, doch
der Kampf um die goldene Ananas ist nicht so meins.
Einzig einendes Element in dieser inzwischen manigfaltigen Clique, in
der jeder Edger seine Eigenheiten, basierend auf den drei Grundprinzipien
entwickeln konnte ist die Musik. Und die war früher besser...
Hoch die Tassen but Sex Kills!!!
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