Meter machen!
Ein Trainingslager des RSL ist ein Trainingslager
des RSL und Schnaps ist Schnaps
Ein schönes, gern erörtertes und darum rein
virtuelles Kneipenprollthema schickte sich an, in Realität umgesetzt
zu werden ein Trainingslager vor Saisonstart. Bratislava könnte
sich unter den 23 Bewerberstädten, die ihre Unterlagen fristgerecht
eingereicht hatten, schlussendlich durchsetzen, versprach es neben Top-Bedingungen
den Aktiven nicht zu viel aber auch nicht zu wenig Ablenkung zu bieten..
Da dies beschauliche Örtchen von vielen weltgewandten Connewitzern
in Tschechien bzw. Slowenien vermutet wurde, wollte unsere aus östlicher
Richtung anrauschende Autobesatzung die Anderen bei Sigma (Schwarzer Stern)
Olomouc vs. Artikel Brno einsammeln. Doch außer Miro Kadlec und
Radek Latal ließ sich kein Bekannter im Stadion blicken, so dass
sich jeder allein durch die insektologisch hochinteressante slowakisch-tschechische
Grenze (2000 Mücken pro Kubikmeter) schlagen musste. Umso herzlicher
die Wiedersehensfreude im Sport-Hotel, wo 13 Herrschaften den Tisch mit
51 Bier gelb machen ließen (Lackpapst-Slang).
Montag morgen war dann Schluß mit lustig, denn unter der Ägide
von Leipzigs Antwort auf Egon Coordes, Schiem und seiner rechten Hand,
Primaballerina Fett floß nunmehr der Schweiß in Strömen.
Der erste Schock ereignete sich, als beim Auftakt-Schiebchen
mighty mouse Bau ohne äußere Einwirkung sein Knie unsachgemäß
beanspruchte und noch in der selben Nacht wieder zurück fahren musste
(Kreuzbandriß). Da waren´s nur noch Zwölf und von nun
an gab´s zu jeder Einheit ein Dehnungs- und Kraftprogramm, das sich
vpr nichts und niemanden zu verstecken braucht.
Obligatorische 40 Grad hatten sich versammelt, als der erste 45 Minuten-Lauf
rund um ein Badegewässer stattfand, den nur vier Aufrechte komplett
bewältigen und die erste Krisensitzung zur Folge hatte. Dieses Donnerwetter
zeigte in den folgenden Tagen Wirkung, denn von nun an biss sich jeder
durchs mörderische Programm, auch wenn hinter vorgehaltener Hand
die Vereinbarkeit mit internationalen Menschenrechtsresolutionen angezweifelt
wurde. Dienstagabend wartete der erste Prüfstein in Form des Platzbesitzer
und Viertligaabsteigers TJ Trnavka, die uns in der ersten Halbzeit fast
schwindlig spielten und Schiem zum Ersinnen Dutzender Aphorismen veranlasste,
deren Essenz etwa darin bestand, dass niemand einen Ball annehmen, noch
einen Pass spielen, geschweige denn einen Zweikampf gewinnen kann. Dank
seiner Abräumaktivitäten und eines verschossenen Elfers ging
es torlos in die Pause. Durchgang zwei konnte dann ausgeglichen gestaltet
und der zwischenzeitliche Rückstand in letzter Minute durch Foulstrafstoß
egalisiert werden. Rückblickend konnte das Spiel nun als ausgefuchste
taktische Meisterleistung bewertet werden, mit massierter Defensive den
Gegner zunächst mürbe gemacht, um dann im letzten Augenblick
aus dem Nichts zuzuschlagen.
Am Mittwoch war stundenlang kein Ball zu sehen, mit Unendlichkeitsläufen,
Japan-Tests und namenlosen Eigenkreationen hatten sich unsere Schleifer
vorgenommen, allen Diskowilligen das nächtliche Zappeln auszutreiben.
Widerstand regte sich bei der nunmehr zur amorphen Masse umgeformten Herde
kaum, enthemmter Konkurrenzkampf sorgte für ungeahnte Selbstüberwindungen.
Auch das alttestamentarische Wort Die technisch Schwächsten
werden die Ausdauerndsten sein bewahrheitete sich einmal mehr.
Aufgrund nächtlicher Ausschweifungen ließen die üblichen
Verdächtigen das 9 Uhr-Frühstück zum wiederholten Male
ausfallen, doch anderthalb Stunden später fielen auch die süßesten
Träume dem allmorgendlichen sogenannten Schmerz-Rauslaufen
zum Opfer. Spätestens heute war der Punkt gekommen, an dem alles
weh tat (O-Ton alle), die Überlebenschancen außerhalb
des Bettes gering geschätzt und schon das Schuhanziehen ein quälender
Akt wurde. Zu allem Überfluss wartete nachmittags noch eine angekündigte
Drittliga-Mannschaft, die uns mächtig Respekt einflößte,
sich aber als A-Jugend-Team herausstellte. Aus dem Mittagsschlaf gerissen,
rief ein jeder noch mal alle körperlichen Potentiale ab, verbeugte
sich vor diesen und trug so zum ungefährdeten 4:2 Erfolg bei.
Freitags schließlich wurde zum letzten Mal die Kahnsche Maxime Es
muss i m m e r weiter gehen bemüht, mit dem Ende vor Augen
Gewittern und verblödeten Sprüchen (Jeden Meter, den ihr
jetzt macht, spart ihr dann im Spiel) getrotzt. Mit dem letzten
Schritt fiel alles von mir ab und das Amüsement konnte beginnen.
Sollte es jemanden gegeben haben, der neben der offiziellen, durchaus
seeligen Anstrengung noch Augen für Land und Leute hatte, dann wird
er sicher das leicht südländische Flair schätzen, welches
Bratislava auszeichnet. Nachdem ich schon mit dem Spruch Die Polen
sind die Franzosen Osteuropas Entzücken ausgelöst habe,
packe ich es nun mal in den Satz Die SlowakInnen sind die LimanesInnen
der ehemaligen Donau-Monarchie.
Christian
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