Der Antisemitismus in Deutschland und die deutsche Linke
Dass Kritik der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft
immer auch Kritik des Antisemitismus heißen muß, soll der
unhintergehbare Ausgangspunkt der zwei Veranstaltungen zum Thema Der
Antisemitismus in Deutschland und die deutsche Linke sein.
Das Vorhaben der beiden Veranstaltungen ist dabei ein doppeltes.
In einer ersten Veranstaltung soll es darum gehen, Menschen die sich bis
jetzt kaum mit dem Thema des Antisemitismus auseinandergesetzt haben,
an dieses Thema heranzuführen. Seinen Ausgangspunkt nimmt ein solcher
Versuch unweigerlich bei dem barbarischen Verbrechen der millionenfachen
Ermordung von Jüdinnen und Juden durch die deutsche Volksgemeinschaft.
Ohne den Anspruch zu haben, diesen Zivilisationsbruch (Dan
Diner), den die Massenvernichtung darstellt, erklären zu können,
sollen entscheidende historische Entwicklungslinien des Antisemitismus
aufgezeigt werden. Denn der Antisemitismus im Nationalsozialismus hatte
eine lange Vorgeschichte, die bis zum christlichen Antijudaismus zurückreicht.
Nicht zuletzt erwies er sich als konstitutiv für ein sich entwickelndes
deutsches Nationalselbstverständnis.
Gleichsam soll mit einem solchen historischen Abriß
auch dargestellt werden, wie die Entstehung des modernen Antisemitismus
mit der Herausbildung der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft
zusammenhängt und nur über eine Auseinandersetzung mit dieser
Gesellschaftsform nachvollziehbar wird.
In einer zweiten Veranstaltung soll schwerpunktmäßig
auf das Verhältnis der deutschen Linken zum Antisemitismus eingegangen
werden. Zum einen soll aufgezeigt werden, wie die westdeutsche Linke (und
die DDR) in ihrer Auseinandersetzung mit dem Nahost-Konflikt im Antizionismus
einen spezifischen Antisemitismus von links formuliert hat,
der sich selbst als freiheitskämpferisch verstand, dabei
aber allzu oft antisemitische Denkmuster nur in ein neues Gewand verpackte.
Ausgehend von einer Kritik des Antisemitismus, soll der Antizionismus
- der auch noch heute fortlebt - einer radikalen Kritik unterzogen werden.
Zum anderen soll in der zweiten Veranstaltung aber auch
jene Entwicklung dargestellt werden, die insbesondere nach der Vereinigung
der beiden deutschen Nachkriegsstaaten, zur Herausbildung einer antideutschen
Linken geführt hat. An Hand entscheidender Diskussionen - z.B. der
Diskussion um das Buch Daniel J. Goldhagens - soll gezeigt werden, wie
sich eine Position entwickelt hat, die es ermöglicht und notwendig
macht radikale Gesellschaftskritik nur zusammen mit einer Kritik des Antisemitismus
und Antizionismus zusammenzudenken.
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